1. Die Versteigerung


    Datum: 14.02.2019, Kategorien: CMNF

    ... anzügliche Witze, aber ich war so aufgeregt, dass ich kaum seinen Worten folgen konnte. Es folgten mehrere Darbietungen, ein Zauberkünstler trat auf, zwei Burlesquetänzerinnen führten einen Striptease vor, eine Sängerin sang eine Opernarie. Isabel trank noch mehr Champagner und schien die Show zu genießen, während ich an nichts anderes denken konnte als an die bevorstehende Versteigerung.
    
    Schließlich war es so weit. Zwei Assistentinnen in weißen Federkostümen überbrachten Sam einen goldenen Umschlag wie bei der Oscarverleihung.
    
    „Kommen wir nun“, sagte Sam durch das Mikrofon, „zum Höhepunkt dieses Abends, auf den wir bereits alle hinfiebern. Und ich kann mir vorstellen, dass 14 Frauen gerade eine ziemlich hohe Pulsfrequenz haben dürften, und wahrscheinlich gibt es nur 14 Menschen, deren Pulsschlag noch schneller geht: Ihre Ehemänner.“
    
    Gelächter im Publikum. Ich sah auch Isabel neben mir lachen.
    
    „Wie ich gehört habe, ist das Wahlergebnis dies Mal sehr, sehr eindeutig, eine Nachzählung wird also nicht nötig sei. Anscheinend wollen sehr viele Menschen in diesem Saal die nächsten drei Tage mit einer ganz bestimmten Person verbringen.“
    
    Sam riss langsam den Umschlag auf. Über das Mikrofon war das Geräusch überlaut zu hören. Er zog eine goldene Karte heraus und betrachtete sie.
    
    „Ich sehe“, sagte er dann, „eine Zahl. Es ist eine wunderbare Zahl. Und wissen Sie auch, warum?“
    
    Atemlose Stille im Publikum.
    
    „Diese Zahl ist die Zahl der Monate, die ein Jahr ...
    ... hat.“
    
    In meinem Kopf arbeitete es rasend schnell und unvorstellbar langsam zugleich. Kurz hatte ich die Hoffnung, dass das Jahr 11 oder 13 Monate hätte. Langsam dreht er die Karte um. Für alle im Saal war darauf unmissverständlich die Nummer 12 zu sehen.
    
    „Oh, Gott“, flüsterte Isabel mit zitternder Stimme.
    
    „Wo sitzt die glückliche Gewinnerin?“ fragte Sam, und alle sahen sich suchend um.
    
    „Wo sitzt die Nummer 12?“
    
    Isabel sah mich mit vor Schreck geweiteten Augen an.
    
    „Soll ich?“, flüsterte sie.
    
    Ich stand auch unter Schock.
    
    „Keine Ahnung“, flüsterte ich zurück. Im Publikum wurde getuschelt.
    
    „Ich bitte die Nummer 12, bei „drei“ den Arm zu heben“, hörten wir über die Lautsprecher.
    
    Wir sahen uns tief in die Augen, während der Ansager herunter zählte.
    
    „1… 2…“
    
    Isabel musste schlucken, während wir hörten, dass der Ansager „drei“ sagte. Es verging noch ein winziger Augenblick, dann bewegte Isabel ihre Hand mit dem Leuchtbändchen und hob sie langsam in die Höhe, bis ihr schlanker Arm nach oben gestreckt war. Und dabei sah sie mich die ganze Zeit an. Ich hörte wie aus der Ferne, wie das ganze Publikum applaudierte.
    
    „Wunderbar!“, rief der Ansager, „bitte komm auf die Bühne, Nummer 12!“
    
    Isabel beugte sich zu mir und küsste mich. Es fühlte sich ein bisschen an wie ein Abschiedskuss. Dann stand sie auf und ging zur Bühne. Erneut brandete Applaus auf.
    
    Isabels Wangen leuchteten rot vor Aufregung, als sie in ihrem Seidenkleid die Bühne betrat. Ein Raunen ging ...
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