1. Le Mystère d André


    Datum: 27.11.2023, Kategorien: BDSM

    ... einfach eine Frau war. Denn dies hätte geheißen, ich könnte unter den vielen tausend Frauen einfach irgendeine finden, die dieselbe Leidenschaft teilte und mit ihr glücklich werden. Doch André war ein androgynes Einzelstück gewesen, jemanden wie ihn gab es nicht zu Tausenden auf der Straße, was gleichbedeutend hieß, dass ich höchstwahrscheinlich niemals wieder auf eine derart eindrucksvolle Persönlichkeit stoßen würde. Die perfekte Mischung eben.
    
    Im Hotelzimmer angekommen, spielte ich Müdigkeit vor und warf mich samt Klamotten ins Bett. Ich musste dringend alleine sein. Je schneller Nina also die Lust aufs Reden verging und sie einschlief, desto besser. Darum konnte ich es nur sehr schwer abwarten, bis ich mit ihrem ersten Schnarchen mein Nachttischlämpchen anschalten konnte, um den Gegenstand, welchen ich mir die letzte geschätzte Dreiviertelstunde eng an die Brust gedrückt hatte, hastig auszupacken. Ich berührte eine glatte Oberfläche, und herausgekullert kam ein kleiner, grüner Gegenstand, der vor mir auf der Matratze landete und mir ohne Vorwarnung die Luft abschnitt. Ich hatte meine Gefühle die letzten zwei Stunden einigermaßen gut unter Kontrolle gehabt, doch jetzt beim Anblick dieses Edelsteins durchstach es mein Herz blitzartig und so unvorhergesehen, als hätte mir jemand von hinten einen Dolch in den Brustkorb gerammt. Ich starrte auf seine Schrift, die das weiße Stück Papier schmückte, in welches er ihn eingewickelt hatte, bewegungslos und überwältigt von dem ...
    ... Schmerz in meiner Brust.
    
    "Du hast es solange angesehen, dass ich mir gedacht habe, es könnte dir ein schönes Erinnerungsstück an diese Nacht sein. Es hätte so viel mehr sein können.
    
    Vergiss mich nicht, ma chére!
    
    André"
    
    Liebevoll berührte ich die Worte und versuchte mich verzweifelt gegen ein inneres Gefühl totaler Hilflosigkeit zu wehren. André war weg! Und das sollte alles sein, was von ihm blieb? Nichts als eine schöne Erinnerung?
    
    Jetzt waren es nur ein paar Kilometer bis zu ihm, irgendwo in Paris, aber bald schon wäre ich wieder in Deutschland verschwunden, und dann mochte allein der Himmel wissen, wo ich ihn finden konnte! Die Vorstellung, dass mein Alltag zuhause weitergehen würde, als sei nichts geschehen und wir uns niemals begegnet, schien mir ein grauenvolles Schicksal zu sein. Ich wusste, jemand so Besonderem, so Einzigartigem würde ich nie wieder begegnen. Eine Träne suchte sich einsam ihren Weg aus meinem Augenwinkel über meine Wange, bevor sich nach ein paar Sekunden viele andere hinzugesellten. "André", flüsterte ich erstickt und drückte mir in einem Heulkrampf die Kette mit dem tiefgrünen Anhänger so fest ich nur konnte an die Brust. "Verflucht, André!", heulte ich ins Kissen, ohne dass es mich gekümmert hätte, ob Nina davon wach würde oder nicht. Draußen graute bereits der Himmel. Hätte ich gekonnt, hätte ich den Morgen aufgehalten und diese Nacht niemals enden lassen!
    
    Letztlich erschöpfte mich mein nicht enden wollender Heulkrampf so sehr, dass ...