Trennungs- und andere Schmerzen
Datum: 16.05.2024,
Kategorien:
Schamsituation
Eine Woche vor Weihnachten gab mir mein langjähriger Freund den Laufpaß. Er tat das nicht nur zu einer denkbar schlechten Zeit, sondern auch auf die mieseste Art, die man sich nur vorstellen kann: er schickte mir eine SMS.
Es war Freitag, seit zwei Stunden hatte ich Feierabend, aber ich saß noch in meinem Büro, das Gesicht in den Händen vergraben, und weinte ein halbes Paket Papiertaschentücher voll. Draußen war es bereits dunkel und das trübe Licht der Schreibtischlampe machte die Stimmung noch viel depressiver.
Als sich unerwartet die Bürotür öffnete, zuckte ich kurz zusammen. Durch die Tränenschleier hindurch sah ich Marianne Nordmann, die Marketingleiterin unserer Firma, die ihren Kopf hereinschob und verwundert sagte: "Oh, es ist ja noch jemand fleißig." Dann hörte sie mein leises Schluchzen, kam besorgt näher und setzte sich mir gegenüber. "Was ist mit dir?" fragte sie sorgenvoll. "Ist was passiert?"
Obwohl wir in getrennten Abteilungen arbeiteten, war ich mit Marianne immer gut ausgekommen und verbrachte oft meine Mitagspause mit ihr. Seit ein paar Monaten sagten wir auch Du zueinander.
Ich erzählte in wenigen Worten, was vorgefallen war und zeigte ihr die SMS, die mich so sehr getroffen hatte. Marianne schüttelte ungläubig den Kopf. "Das liest sich wie der Schmierzettel eines Zwölfjährigen, der es leid ist, auf dem Schulhof Händchen zu halten", sagte sie. "Wie lange wart ihr zusammen?"
"Dreieinhalb Jahre" sagte ich und merkte, wie mir schon wieder ...
... frische Tränen die Wangen herabliefen. "Ich kann doch jetzt nicht einfach nach Hause gehen, so als ob nichts wäre."
Marianne stand auf, kam um den Schreibtisch herum und legte mir fürsorglich ihren Arm um die Schulter. "Komm mit zu uns", schlug sie vor. "Es ist nicht gut, wenn du jetzt allein bist. Wir können reden, ein bißchen was trinken, und wenn du möchtest, kannst du auch bei uns bleiben für die Nacht."
Ich sah sie etwas verlegen an. "Und dein Mann?" fragte ich.
Marianne winkte ab. "Mach dir keine Gedanken. Georg versteht das. Es sind nicht alle Männer so primitiv gestrickt wie dieser kleine Schmierfink hier."
Sie schmunzelte gequält. Ich schniefte und rang mir auch ein kleines Lächeln ab. Dann nickte ich still und sie nahm mich mit zu sich nach Hause.
Marianne bewohnte mit ihrem Mann ein kleines Haus in einem der äußeren Stadtbezirke. Nachdem sie mir den Mantel abgenommen hatte, führte sie mich in ein großes, behagliches Wohnzimmer. Große Teppiche bedeckten den Boden, in einer Raumecke verbreitete ein Kaminofen eine angenehme Wärme. Eine Fensterfront führte in den Garten und im Schein einer Außenleuchte konnte man dort dicke, bauschige Schneeflocken tanzen sehen. Wir setzten uns nebeneinander auf ein bequemes Sofa. Marianne hielt sanft meine Hand in der ihren. Sie gab mir ein Gefühl von Geborgenheit und Mitgefühl. Es tat gut.
"Gestern hab ich noch sein Weihnachtsgeschenk gekauft", sagte ich leise und merkte schon wieder, wie meine Augen feucht wurden. ...