1. Der Schmied


    Datum: 24.10.2018, Kategorien: Sonstige,

    ... Erste war zu stark gewesen, die Zweite ein wenig zu gering. Für das, was ich vorhatte, war das Mittel genau richtig. Hoffte ich jedenfalls.
    
    Als Nächstes musste der Fälscher einen Brief entwickeln, der mir die Tore öffnen sollte. Lange saßen wir beisammen und knobelten den Text aus, wobei ich sagen muss, dass er weit aus geübter darin war. Er hatte so etwas oder etwas Ähnliches wohl schon öfters gemacht. Seine Formulierungen waren ausgefeilt bis ins letzte Detail. Der Brief sollte mich als heimlichen Boten ankündigen, der Marissa über die Heiratspläne aufklären sollte. Ebenso sei ich ein sehr enger Vertrauter ihres Freiers, der alles über ihn wüsste. Es würde nicht ganz einfach werden, ihr diesen Brief zukommen zu lassen, ohne dass jemand anderes davon erfuhr. Doch auch das wurde bewerkstelligt. Rikan hatte wie immer jemanden bei der Hand.
    
    Ich zwei Tagen sollte es losgehen. Zuvor besuchte ich erst einmal Rea. Man konnte ihr ansehen, wie glücklich sie war. Förmlich aufgeblüht stand sie vor mir. Die Stadt und ihre Einwohner hatten einen besseren Einfluss auf sie, als die Abgeschiedenheit des Dorfes. Mit glänzenden Augen beschrieb sie mir alles und ließ dabei nichts auf Rikan kommen. Ihre Hochzeit sollte in fünf Wochen stattfinden. Rikan selber war einer der angesehensten Männer der Stadt und lebte mit Rea in einem großen Haus. Dass mein Herr viel von ihm hielt, wusste ich, aber dass seine Verbindung mit ihm so groß war, wusste ich wiederum nicht.
    
    Damit ich nicht ...
    ... auffiel, ging ich ganz alleine auf mein Ziel zu. Eher wie ein Wanderer sollte ich aussehen, vollkommen harmlos. Zehn Tage würde ich unterwegs sein. Einsame Tage, in denen mich mein Heimweh nach Alia und unserer Tochter überkam. In diesen Wochen, vielleicht Monaten, die ich von ihnen getrennt sein würde, würde Samira schnell wachsen. Ich bedauerte es sehr, nicht dabei sein zu können.
    
    Die trüben Gedanken verschwanden, erst als die Stadt in Sicht kam. Zwei Tage vorher sollte der Brief seine Bestimmung erreicht haben. Ich hoffte nur, dass es so war. Die Zeit, in der ich nicht an mein Zuhause gedacht hatte, wurde von mir mit lernen genutzt. Alle Informationen über den Freier und sein Haus hatte ich zusammengetragen und kannte sie auswendig. Ich wollte nicht unvorbereitet sein, sollte eine Frage auf mich zukommen, die mich zum Lügner stempeln würde. Mit klopfendem Herzen durchschritt ich das Stadttor und quartierte mich wie im Brief vereinbart, in einem bestimmten Gasthaus ein. Hier war bereits ein Zimmer für mich reserviert worden. Also war der Brief tatsächlich angekommen. Nun wartete ich erst einmal ab, ob etwas geschehen würde. Es wurde ein langer Tag in dessen Verlauf nichts Wesentliches passierte. So konnte ich Kraft für meine Aufgabe sammeln.
    
    In der Nacht, etwa drei Stunden nachdem ich eingeschlafen war, weckte mich plötzlich eine dunkel vermummte Gestalt und bewegte mich dazu mich anzuziehen. Man deutete mir an ganz leise zu sein, damit keiner etwas davon mitbekam. Als ich ...
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