1. Der Schmied


    Datum: 24.10.2018, Kategorien: Sonstige,

    ... legte ich meine ganze Kraft in die zu erledigenden Dinge und merkte kaum, wie die Tage dahingingen. Als alles geschafft war, kam mir ein seltsamer Gedanke.
    
    Wenn Alia schon nicht sprechen konnte, so musste es doch möglich sein, bestimmte Gesten oder Zeichen zu machen, wie das an den Mund führen der Hand zum Zeichen des Hungers. Als wir einmal auf der Bank vor dem Haus saßen, versuchte ich es Alia zu erklären. Sie bestätigte mit einem Nicken, das es keine schlechte Idee war. Und so übten wir mit den Händen bestimmte Worte ein. Zuerst die Einfachen wie: Gut, schlecht, heiß und kalt. Dann wurden wir aber komplizierter. Damit wir einheitlich miteinander Zeichen austauschen konnten, benutzte auch ich diese Zeichen, obwohl Alia hören konnte.
    
    Irgendwann fanden wir es lustig, sogar Zeichen für Penis und Scheide zu vereinbaren. So konnten wir uns sogar am Abendtisch etwas mitteilen, was die anderen gar nicht mitbekamen. Nur manchmal wunderten sie sich, wenn ich plötzlich zu lachen begann oder etwas zu ihr sagte, obwohl es sich eher wie eine Antwort auf eine Frage anhörte. Aber bald achteten sie nicht mehr darauf und wir verstanden uns immer besser.
    
    Wenn man die Zeichen hintereinander setzte, kamen schon fast Sätze dabei heraus wie: Durst, kalt, Milch. Also stand ich auf und holte ihr ein wenig Milch. Es funktionierte immer besser, die Worte wurden mehr, bis unsere Hände nicht mehr reichten. Aber es war schon so eine Menge, denn so gut konnten wir uns vorher nichts mitteilen. ...
    ... Wieso wir das nicht schon vorher gemacht hatten und eigentlich fast alles in einem wilden Gefuchtel von Alias Seite ausbrach, weiß ich nicht. Wir mussten allerdings oft üben, da es Zeichen gab, die nicht einfach voneinander zu unterscheiden waren und so kam es öfters zu Missverständnissen, die manchmal vollkommen konfus waren oder geradezu erheiternd. Wenn man sagen wollte: Mutter, draußen, arbeitet, konnte dabei aber auch herauskommen das man: Mutter, draußen, badet, zeigte. Dann fragte man sich erstaunt, warum sie das wohl tat und vor allem, seit wann draußen eine Wanne stand. Aber so was wurde seltener. Es dauerte Wochen vor dem Haus, bis wir fast perfekt waren.
    
    Eines Abends saßen wir am Kamin und Alia machte einige Zeichen, die aussagten, dass sie heute zu mir kommen wollte. Nichts war mir lieber als das, denn sie war schon lange nicht mehr bei mir gewesen. Zu lange nach meinem Geschmack. Warum wusste ich auch nicht, dafür war unser Zeichenvokabular zu klein und auf Fragen meinerseits hatte sie nicht reagiert. Also zog ich mich zurück, wobei Alia als wäre es selbstverständlich, gleich mitkam. Es war ja nichts zu befürchten.
    
    Kaum war die Tür zu drehte ich mich um und küsste sie. Der erste Kuss meines Lebens. Das wir darauf nicht schon vorher gekommen waren, ist mir ein Rätsel. Ich hing noch etwas ungeschickt an ihren Lippen, merkte aber schnell, wie es richtig ging, und konnte mich kaum von ihr trennen. Es war so schön. Wie kleine weiche Kissen und einen Geschmack, so ...
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