Mann und Frau sind nie zu alt
Datum: 10.04.2025,
Kategorien:
1 auf 1,
... ich mit einer mir vorderhand noch wildfremden Person small talk betreiben sollte. Der Tee war gut, und wenn ich nicht wüsste das Frau Sommer blind ist ich hätte es nicht für möglich gehalten daß man sich in seiner gewohnten Umgebung derartig sicher und souverän bewegen kann. Ich wollte beginnen aus meinem Buch vorzulesen, das tat ich nun auch, aber bald waren wir damit beschäftigt uns unsere Lebensgeschichten zu erzählen. Dabei wurden wir beide etwas lockerer, es war auch viel interessanter zuerst einen Menschen kennenzulernen mit dem man in Zukunft regelmäßig eine Zeit verbringen möchte. Im nu waren zwei Stunden um und wir bedauerten dass die Zeit so schnell vergangen ist, ich verabschiedete mich und freute mich eigentlich schon auf den nächsten Besuch, Ich glaube auch Frau Sommer ging es ähnlich.
Meine Idee mit der in Anspruchsname des Besuchsdienstes gefiel mir immer mehr. Ich hätte nicht gedacht daß ich die Bekanntschaft so eines netten Mannes machen würde. Eigentlich habe ich alles Mögliche befürchtet. Wenn ich an die geilen, alten alleinstehenden Herrn in unserem Heim denke! Da hatte ich in der ersten Zeit meines Aufenthaltes hier so einiges erlebt. Angefangen mit primitiver Anmache bis zu handgreiflicher Begrabschung im Hallenbad erlebte ich alles. Ein vernünftiger Mann mit guten Umgangsformen ist mir hier leider nicht untergekommen, die paar Männer die vielleicht anders waren, sind wahrscheinlich mit ihren Frauen hier eingezogen und hatten es nicht notwendig ...
... andere Frauen zu belästigen. Ich glaube daß es mit dem Typen recht nett werden könnte. Die zwei Stunden waren wirklich sehr schnell um, es war bedauerlich daß er keine Anstalten machte diese Zeit zu verlängern. Hätte mich nicht gestört. Aber jetzt Schluß mit solchen Überlegungen, du hast eine Abmachung getroffen jetzt steh auch dazu. Ich freue mich. Bei meinem nächsten Besuchstermin war ein strahlend schöner Herbsttag, die Bäume leuchteten in allen Farben und es ging ein starker Wind der aber für die Jahreszeit zu warm war. Was lag näher daß ich Ihr vorschlug heute einen Spaziergang zu machen. Sie war sehr davon angetan, um an den Rand des Au-Waldes zu kommen fuhren wir 10 Minuten mit dem Auto. Wir parkten dort und gingen dann auf der Dammkrone, entlang des rauschenden Waldes. Der Wind schlug manches mal die Äste an einander, ich schilderte ihr in welch wunderbaren Farben der Wald glühte. Sie unterbrach mich und bat mich still zu seien, ich störe sie beim Riechen, Hören und Fühlen. Ich ging schweigend neben Ihr her. Nach einiger Zeit blieb Sie stehen und bat mich mein Gesicht berühren zu dürfen. Nun ja beim Umgang mit Blinden gelten andere Spielregeln und daher stimmte ich zu, ich nahm meine Brille ab und sagte Ihr das worauf Sie entgegnete ich solle doch so nett sein und die Brille tragen denn mit sieht man ja ganz anders aus, und das erklärt mir eine Blinde. Sie berührte mein Gesicht mit den Fingerspitzen und nach einer Weile meinte Sie: So jetzt weiß ich wie du aussiehst, und ...