1. Der dritte Versuch


    Datum: 05.07.2021, Kategorien: Romantisch

    ... Toskana der gute Stoff denn herkommt:
    
    "Die Fattoria ist in der Nähe von Sienna. Ich war früher auch oft dort im Urlaub. Die letzten Jahre ist meine Tochter eher alleine mit der Familie unterwegs gewesen. Italien in den Sommerferien ist nichts für mich. Dieses Jahr muss ich aber etwas sparen, meine Tochter und ihr Mann haben sich getrennt und daher fehlt Motivation und Geld für den Urlaub." Ich antworte: "Das kenne ich. Dieses Jahr ist für mich auch Mist", und gieße uns beiden erneut ein, als sie mir ihr Glas reicht: "Aber wieso musst du sparen?"
    
    "Ich will meine Tochter ein wenig unterstützen, weißt du? Es ist nicht einfach, zwei Kinder und Halbtagsstelle. Die war ok, solange Wolfgang, der Ex meiner Tochter, sein Gehalt mitgebracht hat, die Wohnung gehörte ihm. Jetzt muss sie Miete zahlen und der Unterhalt für die Kinder macht auch nicht reich."
    
    "Die Armen ... Da bin ich mit meiner Zweckehe ja noch gut bedient gewesen", sage ich und fange an, ihr meine Geschichte zu erzählen.
    
    Nach knapp zwei Stunden stellen wir fest, dass das mit dem 'sparsam sein' beim Grappa nicht wirklich geklappt hat, und ich stemme mich, relativ gut angeschickert, aus dem Stuhl: "Isch geh ins Bett", nuschle ich und verabschiede mich leicht schwankend. Karin bleibt im Stuhl sitzen und ich beuge mich herunter, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.
    
    Auf dem Weg zum Fahrstuhl, der heute irgendwie deutlich länger ist und auch das Geländer scheint nicht gerade zu sein, kommt mir eine Frau ...
    ... entgegen. In einem lichten Augenblick sage ich höflich: "Guten Tag", kämpfe mich dann weiter die Treppe herunter. Genau erkennen kann ich sie nicht, dafür fehlt mir die Aufnahmefähigkeit.
    
    Am nächsten Morgen habe ich einen unendlichen Kater. Ich sitze in der ersten Telco und stelle für mich fest, das heute ein guter Tag zum Sterben ist. Ich habe eine Reihe interner Meetings und die Stunden zwischen 11 und 15 Uhr nutze ich nicht, um wie gestern noch angedacht, einen Bericht fertigzustellen, sondern schlafe am Schreibtisch nach. Gott sei Dank ist morgen Wochenende, denke ich bei mir, als ich die letzten zwei Termine runter spule. Ich muss dabei trotzdem immer wieder an den kleinen Umtrunk mit meiner Namensvetterin denken und ich überlege, wie ich mich dafür entschuldigen kann, mit Karin zusammen ihren Grappa fast vernichtet zu haben.
    
    Samstag gehe ich am Nachmittag mit einer Flasche Wein wieder nach oben. Ich schelle, aber es öffnet keiner. Also gehe ich wieder nach unten. Der Ausfall am Donnerstag steckt mir immer noch in den Knochen. Ich, der sonst ein Glas Wein oder ein Bier trinkt, hat die letzten Monate deutlich zu tief ins Glas geschaut. Das hat zwar ein wenig Standfestigkeit gebracht, aber die Tage danach sind trotzdem die Hölle, und die habe ich die letzten Monate genug gehabt. Ich bin außerdem nicht mehr 18.
    
    Ich komme gerade unten an, da kommt mir der Paketbote entgegen. Ich nehme das Paket an, wieder für Karin. Bevor ich etwas sagen kann, hat sich der Bote bereits ...
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