Leonie - zu Besuch im Gefängnis
Datum: 22.12.2021,
Kategorien:
Schamsituation
... auf die Fahrbahn. Selbst als ich ihm in knappen Worten die Adresse mitteile, hört er nicht auf zu lächeln und sich des schönen Tags zu erfreuen, legt irgendwelche türkische Bauchtanzmusik auf, flirtet gar unaufdringlich in gebrochenem Deutsch. „Sie schönstes Mädchen in ganz Türkei!“, „ich fahren wohin Sie will“, „bis an Welt Ende, wenn will.“ Es amüsiert mich, heitert mich auf, bestätigt mich. Er schmeichelt mir immerzu.
Die Fahrt vergeht wie im Flug. Mitten in karger Landschaft bei sengender Sonne erscheint der Gefängniskomplex, der wie eine mittelalterliche Festung aussieht. Ich bezahle, er gibt mir seine Karte für eine eventuelle Rückfahrt. „Eventuelle?“ Ich denke mir nichts dabei, will nur noch zu Mehmet, steige ohne Abschiedsgruß aus und gehe eiligen Schritts zum Tor. Es dauerte eine gefühlte Unendlichkeit, bis es sich öffnet und ein uniformierter Mann mittleren Alters mich in ein vorgelagertes Wachlokal führt.
Gestikulierend stehe ich vor ihm, es geht hin und her, keiner versteht keinen, gebei ihm den Umschlag mit der Besuchsbescheinigung gebe. Der Aha-Effekt tritt. Freundlich lächele ich ihn an:
„Was würde ich wohl sonst hier wollen, Sie besuchen?“
Ich muss fast laut auflachen, als mir diese Wort über die Lippen kommen. Gott sei Dank, dass er mich nicht versteht! Er greift zum Telefon. Keine Ahnung, was er da redet, aber es wird schon richtig sein. Ungeduldig vor einer hölzernen Abtrennung stehend schrecke ich ein wenig hoch, als ich im Befehlston ...
... „Passport!“ wahrnehme. Nach Vorlage blättert er wirr darin um, gleicht die Daten schließlich mit der Besuchsgenehmigung ab.
„Yakinlasmak!“
Ich versteh kein Wort, sehe ihn fragend an.
„I do not understand.“
„Yakinlasmak!“, diesmal deutet er mit Fingersprache an, ich soll um die Abtrennung herum kommen. Unsicher folge ich seinem Befehl, bleibe etwa 2 m vor ihm stehen.
„Yakinlasmak, Yakinlasmak!“
Mit dem Zeigefinger zitiert er mich immer näher und näher zu sich, bis auf fast Tuchfühlung. In weiterhin burschikosem Ton dann:
„Kafa dönmek.“
Kopfschüttelnd, dass ich kein Wort verstehe, legt er seinen Zeigefinger unter mein Kinn und dreht mit dem Daumen an meiner Wange meinen Kopf zur Seite, vergleicht mein Profil mit dem auf dem Passfoto, streift wie selbstverständlich mein Haar hinters Ohr. Unwillkürlich weiche ich zurück, doch verstehe schnell, dass es wohl sein muss, stehe da wie ein kleines Mädchen, vernehme seinen unangenehmen Knoblauchgeruch, lasse mir aber nichts anmerken von dem Ekel, den ich grade verspüre. Ich fühle mich sehr unwohl!
Wortlos gibt er mir den Ausweis zurück, deutet brummelnd auf meine Tasche. Ich halte sie ihm hin, weiß nicht, ob er das meinte. Sofort greift er danach, öffnet sie und stülpt den kompletten Inhalt auf die Ablage. Mich immer wieder streng ansehend schaut er sich jedes Teil an, öffnet gar mein Mascara-Etuit, die kleine Schatulle für mein Nottampon, wirft zum Schluss alles wieder in die Tasche bis auf ‚oh Gott, was fällt dem ...