1. Zwei Stunden ohne Wiederkehr


    Datum: 01.02.2019, Kategorien: 1 auf 1,

    ... Geige, und sie hat mir gesagt, schöner wäre es zum Beispiel mit einem Pianisten zusammen." Na ja, so ein großer Könner sei er sicher nicht, gab er ihm zur Antwort. "Aber für Biggi wird es wohl reichen", grinste mein Mann unseren Nachbarn an. Der darauf: "Ja, wenn sie will. Ich tue ihr gern den Gefallen." Ich bekam es mit einem Ohr mit. Mein Mann kam beim Aufräumen am nächsten Morgen noch einmal darauf zurück. Ich spürte, dass ich errötete, und hoffte, dass mein Mann nichts davon mitbekam. Denn mit Bodo, so hieß besagter Nachbar, tauschte ich zuweilen schon mal einen mehr als normalen Blick aus. Wenn wir uns trafen und grüßten, drehte er sich zuweilen noch nach mir um. Und ich nach ihm. Wenn sich dann unsere Blicke trafen, war mir das ein bisschen unangenehm. Ihm offenbar nicht. Ich gebe zu, dass ich dann, wenn ich es mir im Bett machte, manchmal an ihn dachte. Er schien ein guter Liebhaber zu sein. Jedenfalls strahlten die Frauen, die ihn zuweilen besuchten, Klasse aus. Und Zufriedenheit, wie ich zu entdecken glaubte.
    
    Wir hatten uns für Donnerstagmorgen zum ersten Musizieren verabredet. Kurz vor neun brachte ich die beiden Mädchen zum Kindergarten, dann war Zeit notfalls bis zwölf. Ich stand also mit meinem Geigenkasten vor seiner Tür. Er öffnete, gab mir die Hand, bat mich herein. Ich fühlte, dass ich aufgeregt war. Erregt schon? Weiß ich nicht mehr. Wir breiteten die Noten aus, übten; es ging leidlich. In einem Takt waren wir uns nicht einig. Ich zeigte mit dem ...
    ... Geigenbogen auf meine Noten darin, dabei beugte ich mich von hinten über ihn, um besser sehen zu können. Nein, ich hatte das nicht so geplant; aber mit meiner Brust berührte ich seine Schulter. Er drehte sich um, sah mich lächelnd an und sagte: "Das kannst du ruhig öfter machen, Biggi." War mir das peinlich! Nach gut einer Stunde verabschiedete ich mich. Und freute mich, dass er mir einen Kuss auf die Wange gab. Ich vermochte seinem Blick nicht standzuhalten. Ich war sicher, dass er mich beim Weggehen noch musterte. Ich sah mich vorsichtshalber nicht mehr um.
    
    Ich merkte: Es prickelte, wenn ich an den nächsten Donnerstag dachte. Und war ziemlich enttäuscht. Kein Begrüßungsküsschen auf die Wange, auch keins beim Abschied. Beim Üben hatte er ein paar Mal gemeckert, dass ich richtig sauer war. Was hatte ich falsch gemacht? Hatten seine Augen keinen Spaß mehr an mir? Ich erinnerte mich an sein Eintreten für typisch weibliche Bekleidung. Und dachte: Stimme ihn gnädig! Und zog beim nächsten Mal einen langen Rock an. Es war ein angenehmer Sommertag. Ich brachte die Kinder zum Kindergarten; traf ihn dabei, wie er aus der Stadt kam. Er nickte mir zu. Sehr gelöst. Gott sei Dank! Dachte ich. Und stand gut gelaunt zwanzig Minuten später vor seiner Tür. Er begrüßte mich freundlich - mit einem Küsschen auf die Wange. Er nahm mir den Geigenkasten aus der Hand und stellte ihn neben die Tür auf den Boden. Packte mich bei der Hand und führte mich - ins Schlafzimmer. Die Rolläden hatte er ...
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