Fünfkantwald II
Datum: 03.07.2022,
Kategorien:
Schamsituation
... meine Braune nimmt mir den Entscheid ab. Es geht auf den Dorfplatz. Rund ein Dutzend Menschen gucken mich erstaunt an: eine Nackte auf einem mächtigen Arbeitspferd. Die Braune hat Durst und strebt direkt zum Dorfbrunnen. Ich steige vom Pferd und lasse dieses trinken. Auch ich schöpfe mit der Hand Wasser aus dem Brunnentrog und trinke. Die Menschen erkennen mich offenbar nicht oder lassen sich dies nicht anmerken. Ich reite weiter.
Eine halbe Stunde später erreiche ich das östliche Stadttor von Reykenstett, der einzigen Stadt im Fürstentum. Ich will jetzt so rasch wie möglich zu den Stallungen, und der direkte Weg führt eben mitten durch die Stadt. Zuerst beabsichtige ich, über Nebengassen die Stadt zu durchqueren. Doch auch dort sind Menschen, die mich erkennen könnten. Ich atme tief durch und reite quer über den Marktplatz. Auch hier ernte ich Erstaunen ob meines Aufzugs. Und hier erkennen mich einige Passanten. Ich höre zum Teil entsetzte, noch mehr lachende Stimmen und auch grimmig boshaft lobende Umschreibungen meiner kräftigen "Arsch und Titten" und was mit mir Lustiges anzustellen wäre, von Verhauen bis Flachlegen und Durchvögeln. Ich spüre die Abneigung mancher Untertanen gegen das Fürstenhaus. Es ist nicht angenehm und ich bin froh, als ich die Stadt durch das westliche Tor wieder verlassen kann.
Nun sind es nur noch wenige hundert Meter bis zu den fürstlichen Stallungen. Dort führe ich die Braune in ihre Koje, ziehe meine Reitstiefel aus und meine Stadtschuhe ...
... an. Dann lege ich eine Reitdecke um meinen Leib und mache mich auf den Weg zur Razenburg. Ein Pferdeknecht beobachtet mich, und dies ist mir nun wieder sehr peinlich, denn die Decke bedeckt nicht meinen ganzen Körper und lässt die Formen meines Leibs gut erkennen.
Mein Ritt hat sich bereits herumgesprochen und ich werde am Tor der Razenburg erwartet und zu meinem Papa geführt. Ich hätte jetzt gern zunächst meine Kammer im Südturm aufgesucht und mich dort angekleidet. Aber das wird mir verwehrt.
(4) Mein Papa ist bleich, schreit mich an, was mir einfalle, mich in einem solchen Aufzug dem Volk zu zeigen. Der Staatskanzler mustert mich mit offensichtlicher Verachtung von oben bis unten. Ich blicke zum Boden und merke, dass es nicht einfach ist, mich mit der Pferdedecke bedeckt zu halten. Immer wieder will sie mir von den Schultern gleiten. Selbstverständlich kann ich nicht erzählen, was im Fünfkantwald geschehen ist, wie ich in der Lichtung lustvoll Hand an mich gelegt habe, oder wie Johannes es treffend direkt ausgedrückt hat, mich "am Fötzchen gekratzt" habe, wie ich mich aus eigenem Antrieb vor fünf Untertanen entkleidet habe, wie ich mir von einem Mann Streiche mit der Reitpeitsche überziehen lassen habe und wie ich ohne zu protestieren mich splitternackt auf den Ritt nachhause habe schicken lassen. Und Lady Godiva erwähne ich wohl besser nicht. Also bleibe ich stumm.
In emotionslosem Ton meint der Staatskanzler, die Prinzessin habe das Fürstenhaus lächerlich gemacht ...