1. Hör meinem Körper zu - Enflammé


    Datum: 07.11.2022, Kategorien: Erstes Mal

    ... wollte oder sich bedankte. Das ging mir auf die Nerven, weil ich meinen vollen Vornamen nicht wirklich mochte. Zu oft bekam ich Nachfragen à la „hä, hast du südländische Wurzeln? Sieht man dir gar nicht an." Nein, ich hatte tatsächlich keine südländischen Wurzeln. Meine Eltern hatten einfach nur zu dolle in die Pizza Caprese gebissen.
    
    Carla startete Spider-Man: Homecoming und wir suchten die komfortabelste Position zwischen den Kissen. Lena und ich saßen eng beieinander und kratzten dünne Scheibchen von dem noch fest gefrorenen Eis, während Tony Stark mit Peters Kamera sprach. Ich hatte den Film bereits auf Englisch im Kino gesehen, weshalb ich hin und wieder die Augen von dem Schauspiel abwandt. Keine zehn Minuten waren vergangen, da hatte Carla schon ihren Kopf auf Davids Schulter abgelegt und wurde dort von seinen Händen gekrault. Natürlich freute es mich, die beiden glücklich zu sehen, aber sie erinnerten mich auch daran, was mir fehlte. Die Geborgenheit und liebevolle Nähe der zwei machte mich immer ein wenig sehnsüchtig.
    
    Ja, ich saß lückenlos neben einer Freundin, die ich sehr gern hatte. Doch die Berührung war keusch. Lena war schlau, charmant und witzig. Und single. Ich hatte sie ehrlich gesagt mehr als nur gern. Sie war unkompliziert aber keineswegs ein eindimensionaler Mensch. Gab sich meistens ruhig und abgeklärt, trotzdem war es aufregend, ihr zuzuhören.
    
    Wir sahen uns ständig zu viert - selten zu dritt. Pläne wurden niemals ohne jemanden geschmiedet. ...
    ... Lena und ich hatten kaum Momente zu zweit. Ich wollte einen Schritt auf sie zu wagen, wusste allerdings nicht, wann und wie, denn damit hatte ich noch keine Erfahrung. Zusätzlich hatte ich Angst, meine Gefühle könnten unserem Freundeskreis schaden. Ob das Ausreden waren, ist ein weites Feld. Mittlerweile zerbrach ich mir nach jedem schönen Abend den Kopf, ob ich nicht zu vorsichtig sei und mein Glück an mir vorbeiziehen ließe.
    
    Diese Woche hatte Carla dann ein Airbnb in Metz vorgeschlagen, einer kleinen französischen Stadt keine zwei Stunden Fahrt von hier. Wir waren vorher noch nie gemeinsam verreist. Zwei Übernachtungen unter dem selben Dach bedeuteten deutlich mehr Zeit zusammen als normalerweise -­­ bestimmt mit der Gelegenheit, Lena nochmal unter vier Augen kennenzulernen. Das hoffte ich eigentlich bei jedem unserer Treffen, diesmal musste jedoch etwas passieren.
    
    Tief in diesen Gedanken versunken, senkte ich wieder meinen Löffel nach unten, während ich unaufmerksam auf die Leinwand starrte. Was ich deshalb nicht wusste, war, dass Lena den Eisbecher auf dem Tisch abgestellt hatte. Somit fand mein Löffel kein Eis, sondern tippte auf Lenas Bauch.
    
    »Äh, in meinem Bauchnabel ist kein Eis.«
    
    Mein Lachen schlug das in mir aufkommende Schamgefühl in die Flucht.
    
    »Du nimmst ›Spooning‹ ein bisschen zu wörtlich, Leo«, setzte sie nach und verlängerte mein Gekicher.
    
    »Sorry, war in Gedanken.«
    
    »Worüber?«
    
    Anderthalb Sekunden, in denen ich die Unterlippe einzog und man ...
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