Blinde Weihnachten
Datum: 21.10.2018,
Kategorien:
Romantisch
... mit Keksen dabei, schön eingepackt mit einer großen Schleife versehen. Anna würde es spüren, es sich in ihrer Fantasie ausmalen können, wie es aussah. Ob sie überhaupt eine Vorstellung von Farbe hatte, konnte ich nicht sagen.
Vor ihrem Heim, einem kleinen Häuschen, blieb ich kurz vor der Tür stehen, atmete tief durch und drückte danach die Klingel. Es dauerte ein Weilchen, bis sie öffnete und mich anlächelte, nachdem ich ihr sagte, wer ich bin.
"Oh, schön, dass du gekommen bist. Komm doch rein!", meinte sie und ich trat ein, ging an ihr vorbei in den Flur, wo mir der bekannte Duft von Bratapfel entgegen stieg. Besonders die Zimtnote mochte ich gerne.
"Leg doch ab!", forderte sie mich auf und ich hängte meine Jacke an einen Haken, folgte ihr in ihr Wohnzimmer, in das sie traumwandlerisch sicher finden konnte. Sie kannte ihre Umgebung auswendig, jeden Schritt, alles, was ihr im Wege sein könnte. Währenddessen betrachtete ich sie genauer, konnte mehr erkennen als vor zwei Tagen. Sie war wie vermutete schlank, hatte eine gute Figur. Doch was mich am meisten faszinierte, waren ihre Haare. Jetzt ohne Mütze fiel mir die Pracht auf, die mich in entferntesten an einen Afro erinnerte. Etwas weniger, eher wie Pumuckel, in anderer Farbe. Es gab ihrem Äußeren ein lustiges Aussehen. Dazu die unvermeidliche dunkle Brille, dieses Mal in einem schmaleren Design.
Woran ich nicht gedacht hatte, war, dass es kaum Weihnachtsdeko gab. Eine Logik, die mir erst jetzt auffiel. Trotzdem ...
... war Anna gut und gemütlich eingerichtet, sodass ich mich sofort wohlfühlte. "Sehr schön hast du es hier!", lobte ich sie.
"Ja, sagt man. Hat eine frühere Freundin von mir ausgesucht. Leider vor einem Jahr verstorben. Sie hatte einen guten Geschmack!"
Das konnte ich bestätigen. Es passte zusammen, sowohl vom Stil als auch von der Farbgebung.
"Setz dich doch. Es gibt gleich den versprochenen Apfel!"
Bevor sie gehen konnte, hielt ich sie auf.
"Warte einen Moment, ich habe dir eine Kleinigkeit mitgebracht!"
Sie drehte sich zu mir um und ich gab ihr das kleine Paket in die Hand.
"Es ist nichts Besonderes, dafür kenne ich dich nicht gut genug. Einfach eine kleine Aufmerksamkeit für dich!"
"Oh danke, das ist sehr liebenswert von dir!"
Anna hob das Paket hoch, hielt es ich an die Nase und schüttelte es vorsichtig.
"Der Duft und Klang von etwas Leckerem. Selber gemacht?", wollte sie wissen.
"Ja, nach alten Rezepten meiner Großmutter!", bestätigte ich.
"Das ist schön. Ich werde nachher davon probieren. Sicher eine Sünde!"
Das konnte ich bestätigen. Zucker und viel Butter waren die Hauptzutaten gewesen. "Kann ich dir wobei helfen?", wollte ich wissen doch Anna hielt mich davon ab.
"Nein danke, ich komme zurecht. Um ehrlich zu sein, lasse ich nicht gerne Fremde in meine Küche. Ich weiß genau, wo was ist, andere Menschen bringen es mir durcheinander!"
Damit hatte sie recht. Wer nichts sah, musste sich darauf verlassen, dass es dort war, wohin es ...