1. Carmen und die Winterräder


    Datum: 19.01.2024, Kategorien: Romantisch

    ... sie einen Helfer gehabt? Es kam leider immer wieder vor, dass versucht wurde, auf Entscheidungsträger Einfluss zu nehmen. Und ich war zwar nicht der Alleinige, aber zumindest ein wichtiger Entscheidungsträger. Der Baudezernent. Und ich wusste etwas, was sie nicht wusste. Dass die Entscheidung schon fallen würde, bevor das morgige Treffen war. Ihr fuhr den Wagen in meine Tiefgarage, ging hoch zur Wohnung, und holte einen Spiegel. Suchte gründlich die Unterseite der Karosserie ab. Keine Spur von einem Tracker. Dann musste es wohl ein Helfer gewesen sein. An einen Zufall glaubte ich nicht. Für das Taschentuch nahm ich den Wasserkocher, einen Geschirrspüler Tab, und goss das kochende Wasser in einen Behälter drauf, gleich zusammen mit einer Handvoll Küchenlappen. Die Waschmaschine zu benutzen wäre Verschwendung gewesen. Für die andere Wäsche würde 30 Grad reichen, fürs Taschentuch aber nicht. Nach kurzer Zeit war es wieder reinweiß. Ich trocknete es schnell mit einem Fön und bügelte es. Ich war zufrieden. Schließlich soll man ja seine Versprechungen einhalten.
    
    Am anderen Tag war die Sitzung des Bauausschusses. Es stand schon ziemlich auf der Kippe, aber ich schaffte es, das von mir favorisierte Projekt durchzusetzen. Wenn er da gewesen wäre, hätte ich sicher den Kollegen Aggarwal umarmt, aber der hatte ja ganz andere Aufgaben. Ohne ihn hätte ich es sicher nicht geschafft. Froh gelaunt machte ich mich auf den Heimweg, duschte zu Hause, machte mich chic, düste mich ein, und ...
    ... ging los. Ich hatte legere Kleidung gewählt. Also noch ein wenig lockerer als sonst im Büro. Auch dort trug ich nur noch selten einen Anzug. Vorhin war eine dieser Ausnahmen gewesen. Pressetermin. Aber diese vermied ich, soweit es ging. Ich ging zu Fuß, so konnte ich was trinken. Es waren zwar 20 Minuten Fußweg, aber es lohnte sich. Das Lokal war sehr gut. Mittelpreisig. Aber klasse Ambiente. Ich war pünktlich da. Sie stand schon vor dem Eingang. "Küss die Hand, Madame", sagte ich, und machte es tatsächlich. Dabei konnte ich nochmal einen Blick auf ihren Finger erhaschen. "Oh, ein Kavalier alter Schule", lachte sie. "Falsch geraten. Tatsächlich habe ich es schon 10 Jahre nicht mehr praktiziert, und ehe es ganz in Vergessenheit gerät.... es war also eine Übungsbegrüßung. Gehen wir rein"? Der Kellner kam. "Ich habe reserviert. Wagner". "Bitte hier". "Ohh, SIE sind der Baudezernent"? "Höchstpersönlich". Ich war mir aber sicher, sie wusste es längst.
    
    Wir nahmen am Tisch Platz. "Mögen sie Wein? Oder sind sie mit dem Auto da?", fragte ich sie. "Nein, ich bin zu Fuß, und ja, ich mag Wein. Aber eigentlich müsste ich doch sie einladen..."! "Vergessen sie's. Die Einladung kam doch von mir". Sie schlug die Augen nieder. "Danke". "Rotwein? Den Merlot da an Position3? Den kenne ich, der hat ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Säure und Süße und ist nicht so süffig". "Ich verlass mich da ganz auf ihre Erfahrung. Ich bin jetzt in ihrer Hand". "Ohh", sagte ich. "Erstmal ist meine Hand dafür ...
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