Hugh
Datum: 03.05.2019,
Kategorien:
Schwule
Hugh
Steve liegt in seinem Bett und schnarcht leise. Er ist wie ich Internatsschüler und mein Zimmergenosse. Ich bin neu in diesem Internat und erst vor vier Tagen diesem Zimmer zugeteilt worden. Anfangs hatte ich den Eindruck, dass Steve wie die meisten, die älter als man selbst sind, die typische Arroganz der Schüler aus den höheren Jahrgängen an den Tag legt. Die ersten drei Tage war ich Luft für ihn. Am vierten Abend hat er mir überschaschend Bier und hochprozentigen Alkohol angeboten. Ich habe mich geschmeichelt gefühlt. Steve erzählte von seinen Erlebnissen in diesem Internat und würzte sie mit reichlich Insiderwissen und Anekdoten von Heldentaten früherer Zöglinge.
Da ich Alkohol nicht gewohnt bin, war ich schnell betrunken. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber irgendwann an diesem Abend oder in dieser Nacht muss ich meine Kleidung verloren haben, denn jetzt liege ich ganz nackt auf meinem Bett und bin nicht zugedeckt. Mir ist übel und schwindelig.
Ich ziehe meinen Pyjama und den Bademantel an und gehe zur Toilette. Schaffe es gerade noch rechtzeitig.
Die Toilette befindet sich auf dem Gang und steht für die Bewohner der umliegenden vier Zimmer zur Verfügung. Nach dem Händewaschen und Zähneputzen schaue ich flüchtig in den Spiegel und sehe schwarze Farbe auf meinem Gesicht.
„Fick mich!" steht auf meiner Stirn; geschrieben mit schwarzer Farbe.
Hektisch versuche ich die Farbe mit Wasser und Seife abzuwaschen. Ich kriege die Farbe kaum ab. ...
... Schließlich habe ich es zumindest geschafft, dass die Buchstaben blasser geworden sind. Erschöpft schleppe ich mich zurück in mein Bett. Ich bin totmüde, kann aber nicht einschlafen und außerdem tut mir der Po weh.
Der nächste Morgen wird zum Spießrutenlauf. Die Buchstaben sind zwar verblast, aber immer noch zu lesen. Meine Mitschüler lassen es sich nicht nehmen mich immer wieder darauf aufmerksam zu machen was auf meiner Stirn steht. Von eher neckischen Bemerkungen über welchen weit unter der Gürtellinie bis zu verstohlen Blicken gibt es alles. Aber vor allem Ausgrenzung ist mein täglich Brot in den nächsten Tagen. Sprüche wie „HdS, reichst Du mir bitte das Brot" im Speisesaal - wobei HdS Hugh die Schwuchtel bedeutete - gingen mir an die Nieren. Aber richtig schlimm wurde es als ältere Schüler anfingen mich fertig zu machen. Sexuell gefärbte Sprüche und Gesten. Und all das wegen der Buchstaben, die vor einigen Tagen auf meiner Stirn gestanden hatten. Das war jetzt mittlerweile 10 Tage her. Irgendwann musste die Aufmerksamkeit, die das erregt hatte, doch nachlassen so dachte ich. Dem war nicht so.
Gregory - ein Mitschüler von mir - war einer der wenigen, die sich nicht am Mobbing beteiligten. Er ist ein Eigenbrödler, der zwar einigermaßen respektiert wird aber nicht in die Gemeinschaft integriert ist. Das verheerende an Ausgrenzung ist, dass alle, die mir auch nur ein kleines bisschen Sympathie entgegengebracht hätten, Gefahr laufen würden ebenfalls ausgegrenzt zu werden. ...