1. Der Schmied


    Datum: 24.10.2018, Kategorien: Sonstige,

    ... mich weiter verhalten sollte, und stand erst einmal schweigend da. Als die Frau mit dem Schreiben fertig war, legte sie die Feder behutsam beiseite. Sie hatte sehr kleine, schmale und zierliche Finger und Hände, die in ein wertvolles Kleid übergingen, das aus einem Stoff gemacht war, den ich nicht kannte. Er glänzte leicht im Kerzenschein und war von einer so wunderschönen grünen Farbe, wie ich es selten gesehen hatte. Dazu waren Reihen von goldenen Fäden mit eingewirkt.
    
    Sie atmete einmal tief durch, erhob sich und drehte sich in meine Richtung. Sie war so klein, wie ihre Hände es vermuten ließen, eng anliegend das Kleid am Oberteil, weiter auseinandergehend an der Hüfte. Sie mochte mir vielleicht bis zur Brust gehen, wenn überhaupt.
    
    Ich stand also Marissa gegenüber, das war nicht zu übersehen. Ihr kindlich kleiner Kopf war von braunen Haaren umgeben, die am Hinterkopf in einer Art Netz gehalten wurden. Ihr Gesicht sah genauso aus, wie es mir beschrieben worden war. Große, runde, lebhafte Augen, die sehr wachsam waren, ein kleiner Mund mit schmalen Lippen und eine etwas zu dominante Nase. Sie passte nicht direkt dazu, brachte alles etwas in Unordnung in das Gesamtbild, was ihr aber anderes gesehen einen energischen Ausdruck verlieh. Sie stand einfach da und musterte mich von oben bis unten. Ich hatte mir etwas bessere Kleidung von meinem Herrn geliehen, um nicht sofort als Handwerker aufzufallen.
    
    Sie frage mich sodann, ob ich der wäre, der ihr etwas mitzuteilen ...
    ... hätte, was ich mit fester aber nicht zu lauter Stimme bestätigte. Was mir allerdings auffiel, war, dass es keine Getränke gab, in die ich das Pulver hätte schütten können. Ich fragte sie daher erst einmal, ob ich etwas zu trinken bekommen könnte, denn mein Hals sei ausgetrocknet. Auf einen Wink ihrerseits hin, kam der Führer aus einer Ecke. Dass er dort gestanden hatte, hatte ich gar nicht bemerkt. Was mich jedoch noch mehr überraschte war, dass es kein er sondern eine sie war. Eine Frau, die mich noch überragte, hatte ich selten gesehen, aber eine Frau die größer und fast muskulöser war als ich war mir vollkommen neu.
    
    Ich hatte nicht gewusst, dass es so etwas gab. Sie musste so etwas wie eine Vertraute und zugleich eine Beschützerin sein, dachte ich mir nur. Es passte gar nicht in meinen Plan, aber so blauäugig zu sein, mit Marissa alleine zu sein, kam mir jetzt sehr töricht vor. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen. Jedoch darüber jetzt nachzudenken war zu spät. Nach nur kurzer Zeit kam die große Frau mit einer Karaffe Wein zurück. Sie schenkte ein großes, buntes Kristallglas ein und reichte es mir. Nach zwei Schlucken frage Marissa mich, welche Botschaft ich für sie hätte.
    
    Ich spulte mein auswendig gelerntes Programm herunter. Erzählte etwas von heißer Liebe, die entbrannt wäre und die üblichen Floskeln und Komplimente, die ich gelernt hatte. Ob das alles sei, fragte sie nach meinem Redeschwall und ich bestätigte dieses. Sie sah mich etwas verächtlich an, betrachtete ...
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