1. Ungewöhnliche Orte der Lust


    Datum: 10.11.2024, Kategorien: Sonstige,

    ... abspielte, als der Strand sich vor mir langsam aufzulösen schien.
    
    Es war eine Nebelbank, die sich träge über das Watt schob, die Sicht innerhalb weniger Sekunden versperrte.
    
    Schnell sah ich in Richtung Land, musste zu meinem Schrecken feststellen, dass es ebenfalls vom Nebel verschluckt wurde. Innerhalb kürzester Zeit wurde ich von einer weißen Wand umschlossen und konnte keine zehn Meter weit schauen.
    
    Es war gespenstisch ruhig, der Wind war eingeschlafen und nicht ein Geräusch drang an meine Ohren. Um mich herum nichts als Watte, die mir jede Orientierung nahm. In mir stieg eine erste, leichte Panik auf und schätzte, dass es keine Stunde mehr dauern würde, bis das Wasser soweit gestiegen war, dass ich den Rückweg nicht mehr schaffen würde. Auch wenn ich es nicht sehen konnte, würden die Priele hinter mir, auf dem Weg zurück, zuerst volllaufen, eine starke Strömung verursachen und mir damit keine Chance erlauben, das Ufer unbeschadet zu erreichen.
    
    Zwei Minuten stand ich am Saum des Wassers, konnte mich von hier aus orientieren, doch nicht lange. Ich musste in die entgegengesetzte Richtung, doch wie lange konnte ich es schaffen, geradeaus zu gehen. Irgendwann würde ich ungewollt einen Bogen machen, im schlimmsten Fall im Kreis laufen.
    
    Hier stehen bleiben und hoffen, ging ebenfalls nicht. Es blieb mir eine einzige Möglichkeit übrig.
    
    Möglichst gerade laufen und das in die entgegengesetzte Richtung vom Meer. Leichter gesagt als getan. Bereits nach geschätzten ...
    ... zweihundert Metern konnte ich nicht mehr mit Gewissheit sagen, ob ich richtig lief.
    
    Ich sah mich panisch um, konnte jedoch nichts entdecken, keinen Konturen, als wenn man blind wäre. Also lief ich weiter, kam irgendwann an einem Priel an. Hier wurde meine Befürchtung bestätigt. Er war klein, ging mir gerade bis über die Knie, trotzdem war es schwierig, ihn zu durchqueren. Die Strömung war stark, riss mich beinah von den Beinen und mir gelang es mit Mühe, das gegenüberliegende, trockengefallene Stück Watt zu erreichen. Zu allem Überfluss war dort der Schlick flüssiger, und ich sackte bei jedem Schritt bis über die Knöchel in den Matsch ein.
    
    Schwerer wurde jeder Schritt und ich strauchelte mehrmals, fiel einmal hinein und es klatschte leise, als mein Körper in die dunkle Masse eintauchte.
    
    Am liebsten wäre ich liegen geblieben, war außer Atem, doch die Bilder, die mir ins Gehirn schossen, ließen mich aufstehen. Ich sah mich ertrunken, als Wasserleiche auf dem Meeresgrund liegen und Heerscharen von Krebsen und anderem Getier machten sich über meinen toten Körper her. Allein diese Vorstellung reichte, um mich anzutreiben.
    
    Irgendwann war ich aus dem Schlickfeld heraus, hatte einigermaßen festen Boden unter den Füßen, doch das war keine gute Nachricht. Im Gegenteil. Das Wasser war gestiegen, hatte mich bereits erreicht. Zentimeter für Zentimeter stieg es an, überschwemmte innerhalb von Minuten den Untergrund und ich wusste, dass es keine Stunde mehr dauern würde, bis ich ...