1. 2x2 am Loch Ness


    Datum: 30.04.2025, Kategorien: Betagt,

    ... „Und als wir dann die Partnertauschnacht machten, reagierte Michael am nächsten Morgen beinahe eifersüchtig."
    
    „Habe ich auch gemerkt." Wir blieben einige Zeit stumm, dann setzte Gwen nach. „Warum auch nicht? Ich finde, die beiden gäben ein wunderbares Paar."
    
    „Gibt nur ein paar objektive Probleme zu überwinden. Michael hat mit mir in Berlin eine erfolgreiche Firma. Und Rose ist eine englische Ärztin im NHS. Und nach Euerm bescheuerten Brexit nicht mehr arbeits- und aufenthaltsberechtigt in Europa."
    
    Gwen nickte mehrfach. „Wenn die beiden wirklich zusammenfinden, haben sie ein gutes Stück Arbeit vor sich."
    
    „Sind alt genug, die Hindernisse zu überwinden, wenn sie wirklich wollen."
    
    „Schauen wir mal. Rose ist in Sachen Beziehungen eher ein stilles Wasser. Aber wenn sie sich öffnet, dann entwickelt sie eine gewaltige Dynamik, die vieles und viele mitreißen kann."
    
    „Bin gespannt, wie unsere letzten Tage weitergehen."
    
    „Ich auch." Gwen machte erneut eine längere Pause. „Und wir beide werden noch ein wenig Spaß miteinander haben", bemerkte sie dann mit einem fast trotzigen Unterton. Es war ein unmissverständliche „Kampfansage".
    
    Der Höhenwanderweg nach Drumnadrochit war wirklich fantastisch, bot herrliche Aussichtspunkte über Loch Ness auf der einen und die Berge auf der anderen Seite. Auch wenn es einige kräftezehrende Steigungen und ebensolche Gefällestrecken gab, konnten wir ein ordentliches Marschtempo beibehalten. Unsere mittägliche Brotzeit genossen wir ...
    ... auf einem Aussichtpunkt an der Südflanke des Creag Dhearg, wo in eine halbrunde Steinmauer ein ordentlicher Rastplatz eingebaut worden war. Loch Ness lag dreihundert Meter unter uns, seine ruhige Wasseroberfläche glänzte im Sonnenlicht.
    
    „Keine Spur von Nessie zu sehen", kommentierte Rose traurig.
    
    „Bei Sonne nie, habe ich mir erzählen lassen. Nessie kommt nur bei Regen und schlechter Sicht."
    
    Wir mussten alle vier lachen. Auch in den kommenden Stunden, in denen wir immer wieder einen fantastischen Ausblick auf den großen und sehr tiefen Binnensee hatten, konnten wir kein See-Monster entdecken. Insofern waren wir nicht besser oder schlechter als alle Wanderer, Kanuten als auch Autofahrer der letzten neunzig Jahre.
    
    Die Etappe war sehr schön zu laufen, aber verdammt lang. Ab drei Uhr wurden unsere Beine langsam schwerer, die Füße begannen zu schmerzen und die jetzt ungetrübt scheinende Sonne brachte uns ganz schön in Schweiß. Insofern atmeten wir alle vier auf, als wir endlich aus einem kleinen Hain herauskamen und Drumnadrochit unter uns lagen sahen. Der Abstieg war ziemlich steil und ging noch einmal gewaltig in die Waden. Dann hatten wir am Ortseingang die A82 erreicht und gingen über den gepflasterten Gehweg in die lang gezogene Ortschaft hinein. Hier sahen wir nun Nessie -- auf Schildern, als Figuren, als Namensgeber für alle möglichen Tourismusetablisments. Drumnadrochit lebte von dem sagenumworbenen Monster, von dem ‚Spötter' sagen, dass es genau an diesem Ort ...
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