1. Die Walküre


    Datum: 03.09.2019, Kategorien: Kunst,

    ... Horizont?
    
    "Ach! Wie schön!
    
    Schimmernde Wolken säumen in Wellen
    
    den hellen Himmelssee;
    
    leuchtender Sonne lachendes Bild
    
    strahlt durch das Wogengewölk!"
    
    "Ach, die Sonne!" In der Dunkelheit der nordischen Winternacht versteht der Student die Bedeutung des wärmenden Gestirns für die Germanen. Doch die Sonne erhebt sich nicht im Winter des Nordens. Was kann es dann sein?
    
    Ein Trugbild steigt vor seinen Augen auf. Der eisbedeckte Berg vor ihm ähnelt dem eisigen Walkürenfelsen in der Ring-Inszenierung von Adolf Dresen. Fände er doch die schöne Frau darauf wie Siegfried, der Held!
    
    "Von schwellendem Atem
    
    schwingt sich die Brust!
    
    Brech' ich die engende Brünne?
    
    Komm, mein Schwert, schneide das Eisen!
    
    Das ist kein Mann!
    
    Brennender Zauber zückt mir ins Herz;
    
    feurige Angst faßt meine Augen:
    
    mir schwankt und schwindelt der Sinn!
    
    Wen ruf' ich zum Heil, daß er mir helfe?"
    
    Vor seinem Auge erscheinen erotische Bilder von einer wilden blonden nackten Frau. Er möchte sie haben. Jetzt! Hier!
    
    Schlafend liegt sie wehrlos vor ihm hingestreckt.
    
    "Wie weck' ich die Maid,
    
    daß sie ihr Auge mir öffne?
    
    Das Auge mir öffne?
    
    Blende mich auch noch der Blick?
    
    Wagt' es mein Trotz?
    
    Ertrüg' ich das Licht?
    
    Mir schwebt und schwankt
    
    und schwirrt es umher!
    
    Sehrendes Sehnen zehrt meine Sinne;
    
    am zagenden Herzen zittert die Hand!"
    
    Doch er scheut sich, die Schlummernde zu wecken, bekommt plötzlich Angst vor der Begegnung mit der ...
    ... schönen Frau.
    
    Der Wunsch ist das eine, doch die Begierde kämpft mit der Scheu, einer schönen fremden Frau seine Liebe zu zeigen.
    
    "Wie end' ich die Furcht?
    
    Wie fass' ich Mut?
    
    Daß ich selbst erwache,
    
    muß die Maid mich erwecken!
    
    Süß erbebt mir ihr blühender Mund."
    
    Das sexuelle Begehren siegt schließlich über die Furcht. Er küßt sie lange und fordernd. Er spürt ihre Wärme.
    
    Vergessen sind Kälte und schmerzende Glieder.
    
    "Ach! Dieses Atems wonnig warmes Gedüft!
    
    Erwache! Erwache! Heiliges Weib!
    
    Sie hört mich nicht.
    
    So saug' ich mir Leben aus süßesten Lippen,
    
    sollt' ich auch sterbend vergehn!"
    
    Die schöne stolze Frau erwacht aus ihrem tiefen Schlaf.
    
    Sie steht auf, streckt sich, hebt die Arme und öffnet die Augen.
    
    S. sieht sie zum ersten Mal in ihrer ganzen Schönheit.
    
    Der schlanke Körper, die ebenmäßigen Brüste, die hohe Stirn, das lange blonde Haar, die blauen Augen.
    
    "Heil dir, Sonne! Heil dir, Licht!
    
    Heil dir, leuchtender Tag!
    
    Lang war mein Schlaf;
    
    ich bin erwacht.
    
    Wer ist der Held, der mich erweckt?"
    
    Der Held erweckt auch erotische Gefühle in ihr.
    
    Er will sie besitzen. Nichts kann ihn mehr daran hindern, sie sich zu nehmen. Er ist jetzt erregt und bereit.
    
    "Es braust mein Blut in blühender Brunst;
    
    ein zehrendes Feuer ist mir entzündet:
    
    die Glut, die Brünnhilds Felsen umbrann,
    
    die brennt mir nun in der Brust!
    
    O Weib, jetzt lösche den Brand!
    
    Schweige die schäumende Glut!"
    
    Die Frau ergibt sich in ihr ...