Verführung eines Nerd II
Datum: 13.10.2019,
Kategorien:
Medien,
... solche Bilder ins Internet stellen? Wie schafft man es, jemanden, den man liebt – den man zumindest geliebt hat – so zu demütigen? Ich spüre, wie Zorn in mir hochsteigt, als ich an Dirk denke.
Einmal hab ich einen aktuellen Kinofilm herunterladen wollen und sah stattdessen einen russischen Nahkampfausbilder über den Bildschirm flimmern. Erst wollte ich die Datei sofort wieder löschen, aber dann klickte ich sie doch schnell durch, um zu schauen, ob noch etwas sehenswertes käme. Eine Stelle hatte sich in mein Hirn gebrannt: der Russe klemmte das letzte Glied seines Daumens zwischen das erste Glied seines Zeige- und Mittelfingers seiner geballten Faust. Dadurch schaute der Daumen etwa einen Zentimeter aus der Faust heraus. Die Oberfläche bei einem Punch wurde so auf nicht mal einen halben Quadratzentimeter reduziert. Mit diesem „Dorn“ einen Lymphknoten oder ein Organ punktiert setzt jeden Gegner außer Gefecht.
Ich muss unweigerlich grinsen, als ich den sich vor Schmerzen windenden Dirk vor meinem geistigen Auge erblicke. Das sollte ihn lehren, Magdalena auf eine billige Wichsvorlage zu reduzieren. Ich halte inne.
Verrückt nach Mary: Ben Stiller will sich mit Cameron Diaz treffen... „Du willst doch nicht mit einer geladenen Waffe zu einem Date gehen?“ ...nein, will ich nicht... ...aber Magdi will ich auch nicht entehren...
Ich schließe alle Fenster und fahre den Rechner herunter. Ich gehe zurück ins Bad, betrete die Dusche und drehe das kalte Wasser auf...
Mutti ...
... hat das weiße Hemd gebügelt und meine Konfirmations-Krawatte zurechtgelegt. ...ich ziehe mein buntes Lieblingshemd an. Es soll ein ungezwungenes Essen unter Freunden sein... Freunde... Es wäre so schön, wenn wir das sein könnten... Zu Fuß brauche ich 13 Minuten bis zu ihrem Haus. Mit meinen wackeligen Beinen kann ich froh sein, wenn ich es in den verbleibenden 20 Minuten schaffe. Ich hänge mir meinen Mantel um und trete vor die Tür. Warm. Wärmer als erwartet... Ich geh wieder rein und hänge die Jacke zurück. Ich atme einmal tief durch, dann mache ich mich auf den Weg. Nur nicht zu schnell, ich will ja nicht schwitzen.
Die Tür steht offen. Wer lässt die Tür nur angelehnt? Ist sie vielleicht gerade zum Müll gegangen? Will sie, dass ich einfach so reinkomme, dass ich nicht klingel? Jobbt sie vielleicht als Babysitter und das Kleine schläft? Ich klingel.
„Bin gleich fertig! Tür ist offen! Komm schon mal hoch – das Zimmer rechts!“
Ich betrete das Haus. Die Tür quietscht. In einer Tasche meines Mantels hätte ich eine Flasche Kriechöl gehabt. Sollte ich die Tür geöffnet lassen? Sie hatte nicht geschrieben, dass sie noch jemand anderen erwartet, also lass ich die Tür ins Schloss fallen. Sofort kommen mir wieder Zweifel. Hatte sie sie vielleicht aus anderen Gründen offengelassen? Essensgeruch? Fehlanzeige... Frische Luft? Draußen war es wärmer als drin... Ich lasse die Tür zu. Neben der Tür sind Schuhe auf Läufern verteilt. Ich stelle meine Sandalen dazu. Noch einmal atme ich ...