1. Walpurgisnacht


    Datum: 20.10.2019, Kategorien: Voyeurismus / Exhibitionismus

    ... sie damit den jungen Mann erlangt,
    
    So läßt sie ihn so bald nicht wieder fahren."
    
    Goethe, Faust I
    
    Nina und Ute ziehen los. In Utes klapprigem 2CV geht es mit offenem Fetzendach hinauf zur Burg Giebichenstein. Es geht auf Mitternacht zu. Die Mondsichel nähert sich dem westlichen Horizont. Der Parkplatz ist bereits gut gefüllt. Gerade noch eine winzigkleine Lücke am Straßenrand bleibt den Mädchen.
    
    Von allen Seiten ziehen halbnackte Hexen und schaurig verkleidete Teufel zum Burgtor hinauf.
    
    Walpurgis ist die Freinacht, in der alle Schranken fallen wollen!
    
    Im Burghof brennt der große Scheiterhaufen lichterloh, Funken spritzen weg. In den Ecken stehen riesige Boxen, die den Hof mit geilem Technosound beschallen. Im Licht der Flammen sieht man Hexen und Teufel tanzen und springen.
    
    "Genau so stell ich mir Beltane vor!", sagt Ute. Wart ich hab sogar einen Artikel aus dem Web dabei. Komm zur Fackel, dann les ich Dir vor:
    
    "Beltane war das dritte der drei großen heidnischen Frühlingsfeste. In der Nacht von 30. April auf 1. Mai wurden zu Ehre der Fruchtbarkeitsgöttin überschwengliche, fröhliche und freizügige Feste der Liebe gefeiert."
    
    "Klingt äußerst interessant!", schmunzelt Nina. "Ich hätt jetzt schon große Lust auf ein freizügiges Fruchtbarkeitsfest."
    
    "Hör zu. Laß mich weiterlesen", fährt Ute fort:
    
    "In dieser Nacht traten so manche Gesetze außer Kraft, die Grenzen der Moral wurden ordentlich versetzt.
    
    Es heißt, daß der Maibaum einen Phallus ...
    ... symbolisieren soll, der weit in den Himmel ragt und in fruchtbare Erde gebohrt wurde. Vielerorts befindet sich auch an der Spitze ein Kranz durch den der Stamm hindurchragt. Das alles versinnbildlicht Fruchtbarkeit und Sexualität."
    
    "Oh ja, wie gerne ließe ich mir jetzt so einen mächtigen Phallus in meine fruchtbare Erde bohren! Schau zum Beispiel dort drüben, der große rote Teufel. Ist er nicht aufregend wild?", unterbricht sie Nina.
    
    "Der könnte schon recht gut die ungezügelte Sexualität im Mai versinnbildlichen!", gibt Ute zu. "Schauen wir mal, was da sonst noch so über Hexen steht:
    
    Die Walpurgisnacht war aber auch die Nacht der Hexen. Angeblich verfügten sie über allerlei dunkle Gaben und wurden von den Menschen gefürchtet. Doch in der Walpurgisnacht war man vor ihnen sicher."
    
    "Ich hab auch dunkle Gaben!", lacht Nina. "Zum Beispiel, wenn ich am Seziertisch stehe, weiß ich immer schon ganz genau mir wird wieder beim ersten Schnitt mit dem Skalpell schlecht werden. Und ich brauch sofort ein Mittel gegen Übelkeit."
    
    "À propos Wundermittel. Wußtest Du das?", lenkt Ute das Gespräch schnell wieder auf den Tanz in den Mai:
    
    "Der heidnische Tanz in den Mai geht auf germanische und antike Kulte zurück. Legenden berichten, daß sich »Hexen« mit einer psychoaktiven Flugsalbe einschmieren und nachts auf Besen zum Blocksberg fliegen, um dem bocksbeinigen 'dunklen Fürsten' in einer ausgelassenen Orgie zu huldigen. Das wilde Treiben regte zu vielfältigen literarischen, bildlichen ...