Zukunftsförderung - Teil 02-03
Datum: 25.11.2019,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... Taxi heimgefahren und auf dem Weg dahin kamen wir an einer Unfallstelle vorbei. Mein Vater hatte vor Aufregung eine Vorfahrt übersehen und ihr Wagen war von einem LKW komplett zerquetscht worden. So hatte ich an einem Tag meinen Mann und meine Eltern verloren. Was ich nicht wusste, Papa hatte durch die Wirtschaftskrise total viel Geld verloren und ich musste das Erbe ausschlagen, da ich ansonsten eine sechsstellige Schuldensumme am Hals gehabt hätte. Somit blieb mir nur Sina, sie war damals gerade sieben geworden, und meine Wohnung und der Job. Aber der war dann auch plötzlich weg, weil der Geschäftsführer wohl ziemlichen Scheiß gebaut hatte und weder Sozialabgaben für die Mitarbeiter noch Steuern oder sonst was gezahlt hatte. Die Firma wurde geschlossen, ich hatte keine Arbeit, kein Arbeitslosengeld, keine Versicherung, kein Erbe, keine Familie -- nichts mehr. Unsere wenigen Freunde waren auch keine Hilfe und ich hab es nicht geschafft, mich aus dem Loch heraus zu ziehen. Dann kam immer die Angst dazu, dass das Jugendamt was merkt und dass sie mir dann Sina wegnehmen. Das wollte ich auf keinen Fall und ich bin umgezogen. Zuerst hab ich mich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten und Sina ging zur Schule. Auf dem Gymnasium merkte ich schnell, dass sie eine sehr gute Schülerin war und total schlau war. Sie schrieb nur gute Noten und half manchmal mit Nachhilfe sogar anderen Kindern. Vor zwei Jahren zickte plötzlich ein Lehrer rum und wollte uns das Jugendamt auf den Hals ...
... schicken. Da bin ich schnell wieder umgezogen, aber hier in der Stadt hatte ich keine Chance, auf den Jobs aufzubauen, die ich die letzten Jahre hatte und muss uns mit noch geringeren Stellen und viel Schwarzarbeit über Wasser halten. Eine Wohnung haben wir hier nie gehabt und im letzten Sommer haben wir die alte Fabrik gefunden. Da leben nicht mal die sonst üblichen Penner, wir haben unsere Ruhe und mittlerweile ein kleines gemütliches Nest gebaut. Nix tolles aber es hat funktioniert. Jetzt ist Sina in der zehn und wir haben lange diskutiert, was wir im Anschluss machen. Diese Woche mussten wir uns entscheiden, was mit der Klassenfahrt ist und dann haben wir die Entscheidung getroffen. Sina macht dieses Schuljahr noch zu Ende, dann versuchen wir eine Ausbildung zu bekommen mit der wenigstens ein bisschen Geld rein kommt. Die Klassenfahrt und die anderen Sachen haben wir alle gestrichen, weil das zu viel Geld kostet. Darum waren wir am Mittwoch so fertig.
Und dann bist du gekommen und es war auf einmal nicht mehr alles schwarz. Es wurde ein wenig heller mit jedem deiner Worte und deinen Ideen. Der Tag heute war der Beste, den wir seit Jahren hatten. Bitte sag nicht, dass dir das nicht auch gefallen hat. Und das was eben auf dem Sofa passiert ist, ist einfach so passiert. Dich zu küssen hat uralte verschüttete Gefühle geweckt und auch bei Sina war auf einmal ein Feuer entzündet, das sie bisher nur mit mir zusammen gespürt hatte. Ich sag es gleich, bevor du was vermutest: Ja ...