1. Waldspaziergang


    Datum: 29.11.2019, Kategorien: 1 auf 1,

    ... und stellte ihren Kamm auf. "Jetzt vertreibt Ihr Köter mit seinem Gekläffe auch noch das letzte Wild" kam es als Antwort von oben. Ich reagierte mit: "Typisch Fremdjäger, kommen hier her und kennen sich nicht aus, führen sich aber wie die Herren des Waldes auf."
    
    Dann herrschte ein Moment Ruhe auf dem Hochsitz und es war nur ein sehr leises Klacken zu hören.
    
    Gerade, als ich mich schon als moralischer Sieger fühlte und weiter gehen wollte, kam doch noch Bewegung auf und nach ein paar Sekunden öffnete sich die Tür des Hochsitzes. Eine zierliche Gestalt trat rückwärts heraus auf die Leiter und stieg herab. Mein erster Gedanke war: 'Werden jetzt schon Kinder mit auf die Jagd genommen' und gespannt wartete ich, wer da noch kommen würde, aber es kam keine weitere Person nach. Als das Kind unten an der Leiter angekommen war, dauerte es einen Moment, bis mein noch müder Kopf verarbeitet hatte, dass es sich wohl nicht um ein Kind handelte. Vor mir stand in jagdgrünem Outfit eine Frau. Sie mochte vielleicht Mitte Dreißig sein und höchstens 1,60 groß. Und selbst in ihrem dicken Jagdparka sah sie sehr zierlich aus. Ich muss recht überrascht ausgesehen haben, denn sie sagte: "Haben Sie noch nie eine Jägerin gesehen oder kann ihr chauvinistisches Hirn das nicht verarbeiten?" Es dauerte eine Augenblick, bis ich mich für eine Antwort gesammelt hatte: "Naja, man erlebt nicht alle Tage, dass man Mitten im Wald am frühen Morgen beschimpft wird und es sich dann herausstellt, dass es sich ...
    ... auch noch um eine Jägerin handelt. Ich habe dann doch eher mit einem Ihrer Jagdkameraden gerechnet, die sich sonst hier orientierungslos herumtreiben." Dann konnte ich mir nicht verkneifen nachzusetzen: "Aber auf jeden Fall sind Sie die deutlich attraktivere Alternative zu Ihren Mitpächtern." Das Jagdrevier war vor Kurzem neu verpachtet worden und statt dem bisherigen ortsansässigen Jagdpächter kam eine Gruppe aus dem Ruhrgebiet zum Zuge. Sie hatten halt mehr gezahlt. Dafür waren jetzt aber ständig andere Jäger im Wald unterwegs, die sich weder mit dem Wildbestand auskannten, noch über die Topographie Bescheid wussten und bevorzugt mit dem Auto bis fast an den Hochsitz fuhren. Also genau die Gruppe Jäger, die ich nicht leiden kann.
    
    Jetzt sagte die Jägerin nochmals in schon deutlich freundlicherem Ton: "Warum müssen Sie früh morgens mit Ihrem Hund hier lang gehen? Gibt es nicht genügend andere Wege?" Darauf erwiderte ich ebenfalls freundlicher: "Doch sicher, aber dies hier ist ein freier Waldweg und Sie haben vielleicht das Jagdrecht gepachtet, aber nicht den ganzen Wald. Außerdem sind Sie selbst schuld, wenn Sie Ihren Hochsitz an einer Wegkreuzung aufstellen und dann noch genau über den Weg hinweg anfüttern." Darauf hin erwiderte Sie: "Na, offensichtlich haben Sie nicht viel Ahnung von der Jagd, sonst wüssten Sie, warum ich in diese Richtung anfüttern und schießen muss. Aber wenn Sie möchten, können Sie mit auf den Hochsitz kommen, dann erkläre ich es Ihnen." Dabei schaute ...
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