1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... der Luft zu stehen. Doch nur kurz, dann fiel er zurück und klatschte mir auf den Bauch. Während ich es dort warm auftreffen fühlte, kam der nächste Schub aus mir heraus, nahm dieselbe Kurve und landete wenig später auf derselben Stelle.
    
    Noch zweimal schaffte es mein Saft, mich unter Druck zu verlassen, danach quoll es nur noch aus mir heraus und lief träge meinen Stamm entlang, nach unten herunter.
    
    Während ich mit verschleierten Augen diesem Schauspiel zusah, meinte ich auf einmal eine Bewegung im Spiegel zu erkennen. Es war wie eine Art Schatten, nichts wirklich Erkennbares und ich war mir nicht sicher, ob es überhaupt dort gewesen war. Vielleicht war nur ein großer Vogel vor meinem Fenster vorbei geflogen und hatte den Einfall des Lichtes kurzweilig verdunkeln. Daher war es nur eine Randnotiz in meine Gedanken und verschwand sofort wieder in einer Schublade meines Gehirns auf der in große Letter stand. "Nicht so wichtig!"
    
    Nur langsam kam ich in meine Welt zurück. Nahm wahr, wie die jetzt langsam erkaltende Flüssigkeit an mir herab lief. Ich stand also auf, ging unter die Dusche und bezog danach mein Bett neu. Gleichzeitig legte ich mir ein großes Handtuch auf den Nachttisch. Ich war mir sicher, dass ich es schon sehr bald gebrauche würde.
    
    Es war schon seltsam. Kaum hatte ich Ruhe gefunden, schon stand, lag oder kniete ich erneut vor dem Spiegel. Dabei kam es mir vor, als wenn es von Mal zu Mal besser wurde. Mein Blick war fest auf das Bild geheftet, welches ...
    ... mir geboten wurde und ich konnte einfach nicht mehr an mich halten. Dabei kam es so weit, dass ich das Schlafzimmer praktisch nur noch verließ, wenn es unbedingt nötig tat. Selbst wenn ich essen musste, verschwand ich nur noch für die Zeit aus dem Schlafzimmer, die ich brauchte, um mir etwas zu Essen zu machen. Meist blieb es bei einer Stulle und einer Flasche irgendwas. Zuerst noch Wasser, aber der Energiegehalt von Wasser war zu gering. Also lebte ich die nächsten Tage davon, mir Schnellgerichte mit dunkler Zuckersprudel reinzuzwingen. Die restliche Zeit verbrachte ich damit zu schlafen, oder meine über alle Maßen gestiegene Erregung zu befriedigen. Kaum war ich wach, ging es wieder los, obwohl ich eigentlich dazu gar nicht mehr in der Lage war. Mir tat inzwischen alle weh, war wund gescheuert. Trotzdem handelte ich wie unter einem Zwang. Verließ ich dann doch einmal das Zimmer um der Natur freien Lauf zu lassen, vermisste ich es schon in dem Moment, als die Tür hinter mir zuging. So schnell wie möglich brachte ich es hinter mich, um im Laufschritt wieder zurückzustürmen. Ein Verhalten, was auf eine Sucht hinwies. Genauso kam es mir auch vor. So wie vor vier Jahren, als ich mir nach siebenundzwanzig Jahren das Rauchen abgewöhnt hatte. Es hatte wirklich geklappt. Keine Tabletten, keine Hypnose oder Ähnliches war nötig gewesen. Ich hatte es einfach gelassen. Dabei hatte ich immer gegrinst, wenn ich gelesen hatte, dass das Aufhören einfach wäre, das Problem war, nicht wieder ...
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