1. Weeslower Chroniken VIII - 2007 - Inês - Kapitel 1 - Das Familienmädchen


    Datum: 01.03.2020, Kategorien: Schamsituation

    ... müsste sie sich ihrer Nacktheit immer wieder aufs Neue vergewissern. Hinter einer hohen Hecke lag schließlich das Textilbad. An einer Stelle war die Hecke durchbrochen für eine Feuerwehrauffahrt, ein Gitter trennte die beiden Bäder. Auf der anderen Seite spielten ein paar Jungen in T-Shirts und Badehosen Volleyball. Als sie Inês und Nadine erblickten, hörten sie sofort auf, gafften die beiden nackten jungen Frauen an und machten grinsend halblaute Kommentare.
    
    Nadine lächelte nur milde, kommentierte das achselzuckend mit „Jungs halt“ und zog die etwas verschämt grinsende Inês mit sich. Doch in diesen plötzlichen Anflug von Scham mischte sich bei dem jungen Mädchen auch Stolz, denn nicht eine Sekunde lang hatte sie versucht, ihre Blöße mit den Händen zu bedecken oder sich wenigstens abzuwenden. Seitdem sie sich ganz und gar ausgezogen hatte – oder besser: ausgezogen wurde -, war ihre Scheu, sich hier auf dem Gelände nackt zu bewegen, mit jedem Augenblick mehr und mehr verflogen.
    
    Das lag sowohl an der Gegenwart ihrer Vertrauten Nadine, die ihr zusätzlich Mut gab, als auch an der beruhigenden Unaufgeregtheit des Geländes. Hier war es so wohltuend familiär und übersichtlich, dass man sich ohne Badezeug genauso gut wohl fühlen konnte wie mit.
    
    „Und, wie ist es?“ fragte Nadine, als könne sie ihre Gedanken erraten.
    
    „Ungewohnt.“ Das Mädchen legte seine Hände auf seinen Busen. „Fühlt sich so… nackt an.“
    
    Sie lachten beide.
    
    „Das Ungewohnte daran gibt sich schnell. Und ...
    ... das Nacktsein wird zur Gewohnheit. Wirst sehen.“
    
    Sie gingen zu den Gebäuden, wieder vorbei am Eingang, am Kiosk, am kleinen Laden, an den Umkleidekabinen – wozu gab es die hier?, fragte
    
    Inês
    
    , woraufhin Nadine nur mit den Achseln zuckte – und schließlich in Richtung Vereinsheim. Auf sie kam ein älterer Mann zu, noch angezogen, grüßte nett, blieb stehen und plauderte mit Nadine, während Inês schweigend dabeistand. Wieder spürte sie eine gewisse Nervosität in sich aufkommen, doch Nadine drückte fest ihre Hand, warf ihr einen kurzen, ermutigenden Seitenblick zu, und so hielt sie es aus, so offen und frei dem fremden Mann gegenüber zu stehen. Und kein Blitz fuhr hernieder…
    
    Die beiden machten kehrt und kamen durch einen wunderschönen, sehr gepflegten Blumengarten, der herrlich duftete, zum Eingangsgebäude zurück. Als sie weitergingen, kam ihnen vom Eingang her ein noch bekleideter Junge mit einer Sporttasche über der Schulter entgegen, der Nadine Bauer höflich grüßte und vor ihnen stehen blieb. Nadine stellte sie gegenseitig vor. Er hieß Niklas und war der Sohn einer guten Freundin, wie es hieß. Er war etwa einen halben Kopf kleiner als Inês, und sie schätzte ihn auf vielleicht vierzehn, höchstens fünfzehn Jahre. Obwohl er soviel jünger war als sie, weckte er ihr Interesse. Sie betrachtete ihn aufmerksam. Sein ernsthafter, schon so erwachsen wirkender Blick aus seinen schönen, tiefblauen Augen faszinierte sie. Aber nach diesem kurzen Moment der Ablenkung wurde ihr wieder ...
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