Weeslower Chroniken I - 1997 - Nadine - Kapitel 2 - Das Alte Forsthaus
Datum: 05.03.2020,
Kategorien:
Schamsituation
Weeslower Chroniken I -
1997 – Nadine - Kapitel 2 -Das alte Forsthaus
Da die Ferien begonnen hatten, konnte Nadine nicht mehr von der Schule aus mailen, Michael war für sie noch schlechter erreichbar als zuvor. Ihre Mutter und ihr Bruder waren bereits nach Ruhpolding zu den Verwandten abgefahren - und es waren noch drei Tage bis zum verabredeten Tag. Immerhin war jetzt klar, dass mangels Alternativen Nadines Oma den Transport nach Weeslow übernehmen werde.
Und die stand nun plötzlich vor Nadines Elternhaus.
"Wir können los!" rief die alte Dame schon vom Vorgarten aus, als Nadine verblüfft die Haustür öffnete. Sie hatte den Wagen vorfahren hören.
"Wohin?"
"Na, wolltest Du nicht nach Weeslow?"
"Aber Oma, doch nicht schon heute! Erst Samstag!"
"Deine Mutter hat gesagt, am 10."
"Nein, am 13."
"Das geht aber nicht. Ich bekomme heute Nachmittag Besuch von den Schweden, die bleiben die ganze Woche, das weißt Du doch. Dann muss Dich jemand anderes fahren."
"Oma! Nein, ich muss da unbedingt hin!" Nadine deutete ihrer Großmutter an, dass sie hineinkommen solle. Sie selbst hatte nur ein Handtuch um den nackten Leib geschlungen, da sie sich auf der Terrasse in der Vormittagssonne - der Sommer war zurück gekehrt - gebräunt hatte.
"Jetzt oder gar nicht, mein Kind!" schimpfte die resolute Frau im Vorbeigehen, "ich will spätestens um zwei Uhr wieder hier sein, ich muss noch so viel vorbereiten."
Nadine überlegte einen Moment. "Dann jetzt." entschied ...
... sie. "Aber ich muss den Mann dort noch anrufen - und packen!"
"Oh Gott, dann beeil Dich!"
Eine halbe Stunde später saßen beide im Auto. Nadine hatte Michael nicht erreicht - sie musste es jetzt wagen. Und in aller Eile hatte sie ein paar Klamotten und andere Reisesachen zusammengeworfen und in eine Tasche geworfen.
Dummerweise standen sie bald in einem Stau am Berliner Ring. Die Zeit verging, die Großmutter wurde immer ungeduldiger. Als es weiterging, war es zeitlich für die Großmutter kaum noch zu schaffen.
"Vorschlag: Du bringst mich nur bis Festenwalde, und von da aus fahre ich mit dem Bus weiter, okay?"
Die Oma nahm das Angebot dankbar an. Doch beim Verabschieden ging dann alles so schnell und hektisch, dass Nadine sich plötzlich nicht nur allein und verlassen auf dem fremden, menschenleeren Busbahnhof wiederfand, sondern auch ohne ihre Tasche. Sie hatte nur ihren Rucksack mit ihren persönlichen Sachen fürs Bad, einem Buch und ein paar anderen lebenswichtigen Sachen wie Geld und ihrem neuen Siemens-Handy, das ihr ihre Mutter extra für diese Ferienfreizeit spendiert hatte, mit aus dem Auto genommen. Ihre Reisetasche mit all ihren Klamotten lag im Kofferraum des Autos, das Nadine nun davonfahren sah.
Das fängt ja gut an, dachte sie. - Nimm´s mit Humor, Nadine!
Doch sie hatte wenigstens das Glück, dass recht bald ein Linienbus in Richtung Weeslow fuhr. Der Busfahrer erklärte ihr, wo sie aussteigen musste, um zur kleinen Siedlung zu kommen, an deren Ende ...