Die Lesereise 02
Datum: 10.05.2020,
Kategorien:
Erotische Verbindungen,
Lothar Lenz saß im Zug auf dem Weg zur nächsten Buchhandlung, in der er lesen sollte und verstand die Welt nicht mehr. Er hatte zwar schon mehrere Beziehungen hinter sich, aber so etwas wie mit Eva hatte er noch nie erlebt. Sie hatten die Nacht miteinander verbracht, hatten tollen Sex gehabt, miteinander gefrühstückt und sich prächtig verstanden, aber dann hatte sie ihm unmissverständlich klar gemacht, dass sie mehr von ihm nicht wollte. Ja, er hatte seinen nächsten Termin und sie hatte ihre Buchhandlung, aber deshalb hätten sie doch trotzdem Kontakt halten können, sich hin und wieder treffen können, wer weiß schon, was daraus hätte werden können. „Hätte", „Können" - es brachte alles nichts. Sie hatte ihm Glück für seine Lesereise und die weitere Zukunft gewünscht, ihm aber klar gemacht, dass sie nicht der Typ für lange chats und Fernbeziehung sei, außerdem sei sie zufrieden als single und mit ihrer Buchhandlung. „Es war schön mit dir," hatte sie gesagt, „mach es nicht kaputt, indem du jetzt mehr von mir willst."
Er musste an Eva Stein denken, seine Romanheldin. Sie wollte auch keine Beziehung mit einem ihrer Liebhaber. Sie hatte ihre Arbeit, schönen Sex, wenn sie es wollte, einen ansehnlichen Nebenverdienst, aber was war mit ihren Gefühlen? Im Buch spielten die keine Rolle und offenbar vermissten seine Leserinnen und Leser diese Ebene auch nicht. Wahrscheinlich hatten die meisten mit ihren eigenen Gefühlen genug zu tun und waren froh, in Eva Steins scheinbar unbeschwerte ...
... Welt voller Lebensfreude und Lust und für Außenstehende amüsante Situationen abtauchen zu können. War das auch der Grund für das plötzliche Interesse der Leserinnen an dem Autor? Erhofften sie sich eine kurze und lustvolle Unterbrechung ihres sonstigen Lebens, nur bloß keine neuen Beziehungsschwierigkeiten? Für Lothar war das neu und fremd, obwohl er sich die Geschichte von Eva ausgedacht hatte. Jetzt holte sie ihn im echten Leben ein. Er sah wieder die Buchhändlerin vor sich, wie sie da nackt und schön vor ihm gelegen hatte; ja er würde sie gerne wieder sehen, aber sie wollte nicht. Er würde etwas Zeit brauchen, um damit klar zu kommen.
Als Lothar einige Zeit später seinen Zielort erreichte und dort im Hotel eincheckte, wurde ihm ein Briefumschlag ausgehändigt, der für ihn abgegeben worden war. Kein Absender war auf dem Umschlag notiert und Lothar spürte, wie sich sein Puls ein wenig beschleunigte. Er ging auf sein Zimmer, legte nur kurz das Gepäck ab und riss den Brief auf. In schöner Handschrift war dort zu lesen: Sehr geehrter Herr Lenz, Sie kennen mich nicht, aber ich kenne ihre Bücher und würde Sie nun gerne auch persönlich erleben, allerdings nicht im Rahmen einer öffentlichen Lesung. Daher möchte ich Ihnen ein Angebot machen, das Sie hoffentlich attraktiv finden: Bevor Sie Passau wieder verlassen, um in drei Tagen ihre nächste öffentliche Lesung abzuhalten, würde ich Sie gerne zu einem ganz privaten Leseabend in mein Haus einladen. Außer mir wird nur noch eine gute ...