ÖPNV
Datum: 28.02.2021,
Kategorien:
Romantisch
... und die kleinen Flocken sammeln sich auf dem Mantel oder der Mütze.
"Entschuldige bitte, ich bin unhöflich. Ich heiße Jens und bin zurzeit noch Azubi. Möchtest du lieber einen alkoholfreien Kinderpunsch oder einen Glühwein?"
"Ich bin die Cornelia, aber Alle nennen mich nur Conny. Bis vor einem halben Jahr war ich auch noch Azubi, aber jetzt bin ich die Visagistin in dem Laden. Bitte einen Glühwein für mich."
Ich hole uns 2 Glühwein und wir stellen uns an einen sehr kleinen Stehtisch.
"Jetzt verstehe ich auch dein professionelles Make up. Sieht richtig aufregend aus. Du kannst das wirklich."
Mir gefällt der Job. Ich bekomme gutes Geld und es macht mir Spaß aus einer grauen Maus eine aufregende Frau zu machen. Schminke und Masken haben mich immer interessiert."
"Ich will dich nicht ausfragen, du brauchst nicht zu antworten, wenn du nicht magst, aber heute wirktest du trauriger als sonst. Nicht so fröhlich wie sonst."
"Das ist dir aufgefallen? Dann bist du aber sehr einfühlsam. Ich erzähle es dir. Letzte Woche ist mein Freund, wir waren 3 Jahre zusammen, gegangen. Wir wollten uns zu Weihnachten bei seinen Eltern verloben und jetzt sagt er einfach, er habe überlegt und ich sei ihm auf Dauer zu anstrengend. Dann ist er einfach gegangen. Aufstrebender Jung-Bänker halt, keine Gefühle, keine Entschuldigung. Das hat mich aus der Bahn geworfen und daher habe ich auch in der Bahn gefehlt."
"So ein Idiot. Du bist so nett und so hübsch."
"Ich habe auch ...
... meine dunklen Seiten...."
"Trotzdem hat er sich wie ein Schwein benommen. Das macht man nicht und schon gar nicht aus heiterem Himmel kurz vor der Verlobung."
"Wegen der Verlobung hat er sicherlich kalte Füße bekommen. Vielleicht hatte er auch Sorge, dass ich seiner Kariere im Wege stehen würde. Scheiß drauf, ich bin fast drüber weg und nur stehe ich hier mit einem netten Kerl und trinke Glühwein. Es geht immer weiter."
"Ich bin aber erst 21."
"Ich bin erst 22. Da darf ich mir sogar einen jüngeren Freund leisten." Wir lachen beide.
Unser Gespräch geht weiter über unsere Vergangenheit, unsere Pläne und unsere Vorlieben. Es macht Freude mit Conny zu quatschen. Aus unserem Glühwein ist zwischenzeitig gewürzter und überzuckerter Wein geworden. Er ist eiskalt geworden und wir haben die Zeit vergessen. Der Weihnachtsmarkt ist mittlerweile leer und die Buden werden geschlossen. Wir machen uns auf den Weg zur Bahn und ich lege meinen Arm um ihre Taille. Unter dem Mantel ist wirklich viel Luft. Sie steigt wieder eine Station früher aus. Ich bekomme noch einen Kuss auf die Wange und ich revanchiere mich.
"Ich möchte dich gerne wiedersehen. Es ist so angenehm mit dir, Conny."
"Montag in der Bahn", ruft sie noch und dann ist sie weg.
Ich trotte in mein Zimmer, das ich zur Untermiete habe. Nichts dolles, Schrank, Tisch, einen Korbsessel, 2 Klappstühle und meine Matratze auf 3 Europaletten. Sehr bodennah, aber es schmerzt nicht, wenn man von der Matratze kullert. ...