Vodoozauber
Datum: 29.10.2021,
Kategorien:
CMNF
... anklemmen,“ meinte Laura plötzlich. Sie hatte eine Idee: „Wir bauen eine Strohpuppe und präparieren diese nach der Kunst des Vodoo. Dann wird er merken, was wir von ihm halten. Ich bin zwar aufgeklärte Protestantin, aber ich bastel doch so gerne!“ Das ging uns in diesem Moment allen so. Allerdings konnten wir auf die Kamera auch verzichten. Er würde sie sehen, wenn er zurückkommt und es zog die Vorfreude genüsslich in die Länge. Eine Voodopuppe war mit der Entschlossenheit der Rache schnell aus herumliegenden Materialien gemacht, wobei ein halb aufgeblasener, irgendwo herumgelegener und wahrscheinlich schon oft getretener Fußball als Kopf diente. Wir brauchten ihn also nicht mehr selbst zu treten, um unserer Verachtung Ausdruck zu verleihen, bastelten einen schönen Galgen, hingen die Puppe daran auf, präparierten sie mit Messern in Bauch und Rücken. Auch ein paar Stricknadeln und einen alten Handbohrer hatten wir gefunden. Steffi griff sich den Bohrer und platzierte ihn genussvoll im Hintern der Puppe. Laura nahm einen dicken Filzstift und malte ein grimmiges Gesicht auf den Ball. Der Filzstift diente dann auch als Penis. An ihm wurde eine Schere befestigt. Die Zuleitungen der Kameras wurden um den Hals geschlungen. Claudia war in die Küche gegangen, hatte zwei Eier ausgeblasen, eine Schnur darangeklebt und hängte nun diese schöne Bastelarbeit über den Filzstift. Wir waren sehr zufrieden mit unserer documentareifen Kunstinstallation. Sie war viel besser als ein im Sande ...
... verlaufener Strafantrag und fast so gut wie Michelangelos David – zumindest für unseren Geschmack. Der liebe Onkel wird sich wundern, wenn er wieder zurückkommt. Immerhin hatten wir uns die Mühe gemacht, sie in fast Lebensgröße zu basteln. Es lagen nicht nur alle Materialien bereit, auch eine Heißklebepistole mit einer großen Packung Klebesticks, die wir auch fast alle aufbrauchten. Da die Deckenlampe den Galgen bildete, war die Installation hübsch beleuchtet, wenn man unvorbereitet das Licht einschaltet. Ich stellte mir eine schwingende Lampe wie am Ende von Psycho vor. Das grimmige Gesicht schaut dich an! Vodoo is watching you! Vanessa deinstallierte genussvoll von dem Rechner sämtliche Software mitsamt des Betriebssystems, damit auch ja keine Viren zurückblieben, wie sie sehr ernst schauend sagte. Dann wurde alles ausgeschaltet. Eine angenehme Ruhe verbreitete sich, nachdem der Lüfter stehen geblieben war. Wir lauschten der heiligen Stille und Frieden kehrte in uns ein. Pacem in terris. So einen tief empfundenen Seelenfrieden gab es nicht einmal bei Hildegard von Bingen oder Meister Eckhart. Steffi fotografierte unseren Big-Brother-Vodoo-David noch einmal in allen Details. Vanessa hatte zur Sicherheit den Router möglichst weit umprogrammiert, verjumpert, wie sie sagte, mit einem schön komplizierten Passwort versehen, ausgebaut und in den Karton mit der Elektroniksammlung gelegt, der in unserer Fantasie wie ein altägyptischer Sarkophag aussah. Sogar etwas Geschenkband hatten wir ...