1. Nackt überrascht (Teil 2 - Theater)


    Datum: 16.04.2022, Kategorien: Schamsituation

    ... ausgerechnet Ihr Sohn Sie nackt auf die Bühne schickt?“
    
    Ich: „Sicher ist dies ungewöhnlich, aber es gehört mal zum Stück!“
    
    Die Reporterin: „Und das macht Ihnen absolut nicht aus?“
    
    Ich: „Natürlich macht es einem etwas aus, wenn man sich vor jemandem ausziehen muss, aber da muss man halt durch!“
    
    Die Reporterin: „Wäre es denn leichter gewesen, wenn Sie sich für einen fremden Regisseur ausziehen hätten müssen?“
    
    Ich: „Eigentlich schon, aber ich konnte es mir nicht aussuchen. Es war sicher besonders schwer, dass es ausgerechnet mein Sohn war, der mir diesen Nacktauftritt bescherte!“
    
    Nächsten Tag bekam ich das Interview tatsächlich auf der zweiten Seite der Morgenausgabe zu lesen. Dazu auch noch einen ausführlichen Artikel über die Generalprobe samt Photo. Und wie nicht anders zu erwarten, war auch ein Probenphoto abgedruckt, das mich gänzlich nackt zeigte. Auf Grund des Photos, des Artikels und meines Interviews wussten nun wohl alle in der Stadt, dass ich im Theater nackt zu sehen bin. Jeder, der mich nun also so erleben wollte, brauchte sich bloß eine Theaterkarte zu kaufen. Ja, alle wussten es nun, dass Marlene Wittich nackt im Theater besichtigt werden konnte. Mir war natürlich sofort klar, dass das alle unsere Bekannten und Freunde lesen würden. Und das bedeute unwillkürlich auch, dass zumindest einige davon diese Theatervorstellung besuchen würden.
    
    Was mich an diesem Zeitungsartikel besonders berührte, war, dass darin auch zu lesen war, wer der Urheber ...
    ... meines Nacktauftrittes war. Ja, die ganze Stadt wusste es nun, dass mein Sohn Stefan Regie führte: „Stefan Wittich zeigt mit seinem Regiedebüt, was in ihm steckt. Das außergewöhnliche an dieser Inszenierung ist wohl auch der Umstand, dass er seine eigene Mutter nackt auf die Bühne schickt und den ganzen zweiten Akt komplett textilfrei spielen lässt. Der Jungregisseur sagte, dass er lange überlegt habe, ob er das seiner Mutter zumuten könne, aber wenn man das Stück richtig interpretiert, muss die Titelheldin eben alles ablegen. Marlene Wittich hat es auch selbst zugegeben, dass dieser Nacktauftritt für sie nicht einfach ist. Wir können heute auf die Premiere gespannt sein. Ihr spektakulärer Auftritt ist jedenfalls einen Theaterbesuch wert!“
    
    Nichts desto trotz war also der Tag der Premiere angebrochen. Den ganzen Tag über musste ich an diesen Abend denken, denn mir würde unbeschreibliches bevorstehen. Ja, einerseits hatte ich unbeschreibliche Angst, doch irgendwie war ich auch unheimlich gespannt darauf, wie es wohl wird, vor 300 Leuten vollständig nackt dazustehen. Und dann kam er, dieser gefürchtete Abend, der mich dennoch komischer Weise im hintersten Teil meines Gehirns irgendwie reizte, wie kaum etwas je zuvor.
    
    Der erste Akt hatte begonnen und ich hatte mir vorgenommen, meinen Blick durch die Zuschauerreihen schweifen zu lassen. Gegen Ende des ersten Aktes hatte ich eine etwas länger Phase, in der ich keinen Text aufzusagen hatte und das war nun die Gelegenheit, ein ...
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