Charlotte - Tiefe Abgründe
Datum: 05.10.2022,
Kategorien:
Transen
... vor.
Kapitel 2
Es gibt Tage, an denen man besser im Bett geblieben wäre. Tage, die einem vorkommen wie ein schlechter Film oder ein Albtraum, aus dem man einfach nicht aufwachen kann. Der nächste Tag war einer davon. Zum ersten Mal verfluchte ich meine Berufswahl.
Nach dem Frühstück machten Marie und ich uns auf den Weg nach Hulsig, einem idyllischen Dorf südwestlich von Skagen. Die Ortschaft bestach durch Ruhe und einer malerischen Landschaft. Außer einer Kirche, einem Hotel und mehreren Feriendörfern, hatte die Siedlung nicht viel zu bieten.
Der Regen, der uns seit der Einreise begleitete, wurde wieder heftiger. Trotz Scheibenwischer sahen wir die Abbiegung erst in letzter Sekunde. Marie, riss das Steuer herum und fuhr auf einem unbefestigten Schotterweg weiter. Dann erreichten wir das alte Gehöft.
Wir wurden von einem alten, verwitterten Gebäude begrüßt, das auf den ersten Blick verlassen aussah. Die grauen Schindeln an der Fassade blätterten ab und die Fensterläden hingen schief. Das hohe Gras und die Büsche hatten sich in den Ecken und Winkeln des Grundstücks ausgebreitet. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass hier jemand wohnen würde.
Marie parkte den Audi so nah vor der Eingangstür, wie es möglich war. Dann sprangen wir aus dem Wagen und ich trat in eine große Pfütze. Sofort lief das Wasser in meine Pumps und durchnässte meine Strümpfe. Ich hatte das Gefühl, als liefe es mir die Beine hoch. „Mist", fluchte ich laut.
„Wer zum Teufel trägt bei ...
... diesem Wetter auch so unpassende Kleidung?", hielt mir meine Freundin vor.
Die Haustür war nur angelehnt und quietschte, als ich sie langsam öffnete. „Herr Anderson? Herr Per Anderson? Wir kommen aus Deutschland und hätten ein paar Fragen", rief ich laut.
Doch bis auf den Regen, der auf das Dach prasselte, vernahm ich kein Geräusch. Vorsichtig betrat ich das Haus und blickte mich um. Der Raum war riesig, aber kahl eingerichtet. Ein alter Tisch, zwei Stühle und eine provisorische Küche fand ich vor. Alte Möbelstücke verdeckten Teile der Wand, an der eine Tapete aus den Siebzigerjahren klebte. Der Staub lag fingerdick auf ihnen. Auf einem Beistelltisch stand ein alter Röhrenfernseher, wie ich ihn noch aus meiner Kindheit kannte, davor ein grüner Sessel, der mit Stockflecken überzogen war. Mit jedem Schritt, den wir uns durch das Zimmer bewegten, knarzte der Holzboden unter unseren Füßen. Es roch muffig und alt. „Hier ist nichts", flüsterte ich Marie leise zu.
„Ich glaube, ich habe etwas gefunden", erwiderte sie und ich drehte mich zu ihr um.
Meine Assistentin stampfte mit ihren Füßen über einen dreckigen Teppich und lauschte der klanglichen Veränderung. Dann ergriff sie eine Ecke und zog diesen beiseite. „Schon gut, ich mache das allein. Hilf mir bloß nicht."
Eine verschlossene Bodenluke kam zu Vorschein. Ich vermutete ein Zugang zu einem Keller, als ich sah, wie Marie die Verriegelung öffnete und den schmalen Zugang freilegte. Mit der Taschenlampe ihres Smartphones ...