1. Ausgrabungen


    Datum: 22.02.2023, Kategorien: Reif

    ... Versuch, einen visuellen Fluchtpunkt an ihrem nun fast lasziven Grinsen vorbei zu finden.
    
    "Tut mir leid. Es ist dir echt unangenehm darüber zu sprechen, oder? Ist ja vielleicht ein Generationending."
    
    Sprachs und schob sich ein Stück Melone in den Mund. Der köstliche Geschmack dieser und andere unverfängliche Themen gaben mir dann ausreichend Gelegenheit, mich wieder zu fangen. Sie insistierte sich um Abräumen und Abwaschen zu kümmern, während ich begann, unser Auto mit unseren Laptops, Ausdrucken und unserem privaten Werkzeug zu beladen, welches ich selbstverständlich im Koffer mitgeführt hatte. Sie hatte auch schon ein paar private Sachen und konnte sich ansonsten aus dem größeren Unikoffer bedienen, der schon in Pompeji auf uns wartete.
    
    Da sie noch eine Weile beschäftigt schien, kaufte ich uns noch im kleinen Laden um die Ecke ausreichend Wasser und ein paar Sandwiches für den Tag. An der Kasse nahm ich dann auch noch ein Paket Zigaretten und ein Feuerzeug mit. Ich hatte mich nicht getraut, sie noch einmal anzuhauen, aber nach dieser Achterbahnfahrt am Morgen brauchte ich jetzt eine.
    
    Das hatte aber noch einen anderen Grund. Eine meiner drei Kurzaffären hatte ich nämlich mit einer Frau gehabt, die wir vermutlich in einer halben Stunde sehen würden. Giselle. Bei einem gemeinsamen Dig in Kroatien vor zwanzig Jahren, hatte es mächtig gefunkt und dann auch geknallt. Eine, vielleicht die einzige Frau, in die ich mich wirklich hätte verlieben können. Wenn sie nicht ...
    ... verheiratet gewesen wäre. Und immer noch war.
    
    Wir waren uns danach noch öfter über den Weg gelaufen, auf Konferenzen und bei einer Ausstellung in Paris, das war erst vor vier Jahren gewesen. Es gab allerdings kein sentimentales Kribbeln oder sowas, sie war jetzt einfach nur noch eine hochgeschätzte Kollegin und Freundin für mich geworden. Vor dieser Fahrt hätte ich auch nicht die mindesten Bedenken gehabt, sie nun für längere Zeit wiederzusehen.
    
    Aber ich spürte schon zu diesem Zeitpunkt, dass Annalena an meiner verknöcherten Schale zu hämmern begonnen hatte, und dass dies Wirkung zeigte. Dass sie es irgendwie schaffte, verschüttete Teile von mir freizulegen. Methodisch, gründlich, unwiderstehlich und überaus erfolgreich. Sie hatte wirklich das Zeug, eine großartige Archäologin zu werden.
    
    "Fertig! Schließt du ab? Eh, du rauchst ja, du Schlimmer. Schäm dich. Oder muss ich mich schämen, hab ich das ausgelöst?"
    
    Diesmal ging ich nicht darauf ein, da mir ein rascher Blick auf die Armbanduhr zeigte, dass wir schon eine Viertelstunde hinter meinem Zeitplan lagen. Den Triumph, damit absolut richtig zu liegen, wollte ich ihr auch nicht gönnen. Ich schüttelte also nur den Kopf, schloss ab und dann fuhren wir endlich los.
    
    Pompeji. Es war noch vor der Öffnungszeit für Touristen, die bald in Scharen über das weitläufige Gelände strömen würden, unzählige unpassende Fotos schießen und Ehrfurcht und Neugier unter der sengenden Sonne schließlich der verzweifelten Suche nach einem ...
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