Ausgrabungen
Datum: 22.02.2023,
Kategorien:
Reif
... lehnte sie lächelnd ab, mit der Begründung, dass ich mir nicht meine arme Zunge an den kleinen Stoppeln wundscheuern sollte. Sie würde schließlich noch gebraucht werden.
"Wie ist das... soll ich mich da unten denn auch rasieren, findest du das schön?"
"Nee, ganz blank bei einem Mann nicht so, aber du kannst deinen Urwald da ruhig mal etwas stutzen, oder ich mach das für dich."
"Nun ja, ich war ja nicht auf Publikumsverkehr gefasst gewesen..."
"Kein Pfadfinder, hm? Immer bereit sein ist das Motto."
Wir kalberten noch eine Weile beim Abtrocknen herum und nahmen dann unser Frühstück nackt in der Wohnung zu uns, da wir nun wirklich spät dran waren. Statt um zehn, wie geplant und dort angekündigt, trafen wir erst gegen zwölf in unserer Unterkunft in Neapel ein.
Diese lag nahe an der Altstadt in einer eher ärmlichen, aber absolut typischen Wohngegend. Das authentische Neapel-Gefühl: Enge, grob gepflasterte Gassen, Müll, Wäsche, die zwischen den Häuser gespannt war und ein Balkon in weniger als vier Metern Entfernung vom gegenüberliegenden des Nachbarhauses.
Das Zimmer war eines von drei vermieteten der Wohnung einer sehr netten russischen Matrone, die allerdings schon etliche Jahre in Italien lebte und ihren Lebensunterhalt eben mit diesen Vermietungen bestritt. Da sonst nur allerlei Touristen dort abstiegen, die meist kein oder nur wenig Italienisch sprachen, kostete sie meine Sprachfähigkeiten weidlich aus, und wir hatten echte Schwierigkeiten, das Gespräch ...
... zu beenden und uns auf die geplante Sightseeing-Tour zu begeben.
Nicht nur durch die Verspätung fiel diese kürzer aus, als geplant. In Torre del Greco und selbst in Pompeji wehte immer ein leichter Wind vom Meer, der etwas Kühlung brachte, hier in Neapel stand die Hitze wie eine Mauer, die stets zu überwinden war. Wir schwitzen und tranken und schwitzten und tranken noch mehr, ohne nach bestimmt drei Litern Wasser pro Person auch nur einmal die Toilette aufsuchen zu müssen.
Nur die Katakomben der Stadt sorgten für eine Abkühlung und das herrliche Eis, das wir uns gleich zweimal an diesem Nachmittag gönnten. Ich kann ohne Übertreibung berichten, dass dies einer der schönsten und glücklichsten Tage in meinem Leben war. Meine Liebe zu Neapel mit ihr zu teilen, ihr die offensichtlichen und versteckten Schönheiten zu offenbaren, immer wieder durchbrochen von zärtlichen oder leidenschaftlichen Umarmungen und Küssen, ohne Rücksicht darauf, wer uns und wie man uns sah.
Es war das Gefühl grenzenloser Freiheit, ein Taumel ins Glück und in die Liebe, die minütlich immer und immer weiter zu wachsen schien. Das mag pathetisch klingen, aber so fühlt sich das halt an, wenn ein alter Gockel wie ich noch einmal einen seinen Zwielicht-Tagen einen Hauptgewinn zieht.
Dass ich in diesen Momenten nicht mehr die Spur des Bewusstseins meines tatsächlichen Alters hatte, ist wohl fast überflüssig zu erwähnen. Auch der sonst stetig fleißige Mahner im Hinterkopf hatte es wohl aufgrund der ...