1. Alter Bulle Teil 13


    Datum: 11.09.2023, Kategorien: Hausfrauen

    ... kommenden Abend schon beruhigter entgegen. Der dann übrigens ein riesiger Spaß war, solange das Gespräch nicht allzu lange bei der Flucht und ihren Ursachen hängen blieb. So viel Heimweh auf einmal konnte schon bedrückend sein. Für ernsthafte Gespräche blieb aber eh nicht viel Zeit, weil entweder die Aufnahmen liefen, über die sich alle einen Ast freuten - ich übrigens auch, klang ganz ordentlich von meiner Seite - oder Teile des Chors immer wieder ein Lied anstimmten. So viel Heimweh und gleichzeitig so viel Freude, schlicht am Leben zu sein.
    
    Nachdem die meisten Gäste sich schon auf den Heimweg gemacht hatten, stand die Chorleiterin neben mir und schaute mich lächelnd an.
    
    „War's arg schlimm?"
    
    „Was? Wieso? Nö, die helle Freude", antwortete ich komplett ironiefrei und deutete auf das Schlachtfeld um uns herum. „Ganz ehrlich, schöner geht's nicht. Feiern mit fröhlichen Leuten und Musik kann ich jeden Abend haben."
    
    „Und unsere Musik? Ist, glaube ich, nicht so ganz dein Ding."
    
    Da musste ich doch lachen. „Stimmt. War aber in Ordnung. Du machst das echt gut mit denen. Vor allem das Timing stimmt, sonst wäre ich wirklich verrückt geworden."
    
    „Danke schön."
    
    So wie sie mich ansah schaute, ich doch einmal genauer hin. Eine schlanke Mittvierzigerin mit strubbligen blonden Haaren und sehr blauen Augen. Ziemlich schnucklig eigentlich, was mir vermutlich schon früher aufgefallen wäre, wenn mir nicht die vielen schwarzäugigen Feger die Sicht versperrt ...
    ... hätten.
    
    „Gerne. Stimmt ja."
    
    „Was das Chaos hier angeht..."
    
    „Mach dir da mal keine Sorgen. Ich habe eine große Mülltonne. Solange die ihre Schüsseln und Töpfe mitnehmen, geht das schon klar."
    
    „Sorgen mache ich mir nicht. Eher Hoffnungen." Sie schob sich vor mich und verdeckte so für die restlichen Anwesenden die Sicht auf ihre Hand, mit der sie mir an den Schwanz packte. „Nicht, dass ich hier einziehen will, aber wenn ich diese Nacht hier bliebe, könnte ich dir morgen zur Hand gehen." Ihr gefiel anscheinend was sie da in der Hand hielt und sie knetete mich energisch. „Heute Nacht auch."
    
    „Nicht nur zur Hand nehme ich an."
    
    „Schnellmerker."
    
    „So einen Bonus hätte ich gar nicht erwartet, wenn ich meine Arbeitskraft der Kirche zur Verfügung stelle."
    
    „Ich leite nur den Chor. Willst du mich jetzt auch mal singen hören oder was ist?"
    
    Was für eine forsche Dame und das völlig aus dem Blauen heraus. Vor ein paar Monaten hätte ich dieses Angebot wahrscheinlich auch noch angenommen und mich am kommenden Morgen entsprechend bescheuert gefühlt. Julia hatte mich auf der Feier, bei der wir uns kennengelernt hatten ebenfalls kalt erwischt, sie war mir jedoch von Beginn an sympathisch gewesen und hatte einen besonderen Reiz. Mit dieser Frau hatte ich jetzt zwei Tage lang kaum ein Wort über die technischen Dinge hinaus gewechselt und da war auch keinerlei Funke übergesprungen. Das hier fühlte sich für meinen Geschmack zu sehr nach Wartungs-Fick an und den hatte ich nun wirklich nicht ...
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