Der Betrug
Datum: 21.11.2023,
Kategorien:
Romantisch
... ich nun vor dem Stand mit den Schokoladentäfelchen stand, und sie beobachtete. Ich verglich sie mit meiner Claudia, die vor einem anderen Stand stand (!), und dachte so im Nachhinein, dass ich doch einen guten Fang gemacht hatte. Die Schiffsreise auf dem Rhein hatte sich Claudia schon lange gewünscht. Ich hatte die ihr dann zum fünfzigsten Geburtstag geschenkt. Es ging vom Basel aus bis nach Holland. Ich war natürlich genauso begeistert. Man konnte so schön auf dem Sonnendeck sitzen und und die Landschaft zog an einem vorbei. Und bei jeder Anlegestelle machten wir natürlich die Landgänge soweit wie möglich mit. Heute früh hatten wir schon einen Stadtrundgang in Köln gemacht, ich war ja da der richtige Führer und so viel hatte sich nun auch nicht verändert. Meine Heimatstadt! Ich war seitdem nicht wieder dagewesen.
Natürlich hatte ich mir im Vorfeld darüber Gedanken gemacht, was wohl passieren würde, wenn ich sie hier nun wiedersehen würde. Aber bei einer so großen Stadt sicher extrem unwahrscheinlich. Und nun das hier! Ich überlegte ein wenig und kam darauf, dass es ja genau morgen 25 Jahre her sein musste, dass ich ging. Es war also der Vortag meines Wegganges aus Köln. Was für ein merkwürdiger, doppelter Zufall! Sie hatte sich natürlich auch ein wenig verändert. Ihr Gesichtsfarbe war gräulich überlagert, die Haare strähniger. Sie war recht schlank geblieben, aber ihr Hintern hatte etwas zugelegt. Über ihrer linken Augenbraue war eine Narbe zu sehen, die sich schräg von ...
... oben nach unten zog. Geduldig fertigte sie die Leute ab, die da offenbar mit einer Busladung angekommen waren. Ich wollte nicht gleich erkannt werden und hatte mir die Sonnenbrille aufgesetzt. Claudia sah ungeduldig zu mir. Ich gab mit den Augen ein Zeichen. Sie verstand nicht, ich tippte auf die Uhr und wippte mit den Händen nach unten, um zu signalisieren, dass wir noch viel Zeit haben.
Ich schnappte mir eine Schokoladentafel, auf der 'Trostpreis' stand, und ging zur Kasse, die gerade eben leer geworden war. "Guten Tag", sagte ich. "Können sie mir sagen, ob diese Schokolade frei von gentechnisch modifizierten Zutaten ist"? Sie setzte an und erzählte etwa eine Minute lang das übliche Blahblahblah, wurde am Schluss aber immer langsamer und der Redefluss erstarb. "Jürgen? Jürgen, bist du es"? Ich setzte die Brille ab. "Jürgen. Ich hätte nicht gedacht, dich noch einmal wiederzusehen". "Ich auch nicht", entgegnete ich. "Du bist ja damals einfach so verschwunden". "Erzähl mir jetzt nicht, du weisst nicht, warum ich gegangen bin"! Sie schwieg kurz, dann sagte sie, eine Oktave und einen Mollton tiefer "Doch. Ich möchte mich entschuldigen. Das war nicht richtig. Ich hab mich schon tausendmal gedanklich selbst geohrfeigt dafür". "Ich hoffe, du bist trotzdem glücklich geworden mit ihm". Wieder eine Pause.
So gut kann es in ihrem Leben nicht mehr gelaufen sein. Von Kulturbehörde in diesem Verkaufsraum hier, das war schon ein ganz schöner Abstieg. "Nein. Leider. Es hat .. es hat ...