1. Julia


    Datum: 22.09.2024, Kategorien: Lesben Sex

    ... Nein.
    
    Ich schaffte es noch Sammy anzurufen und mir ein Taxi zu bestellen. Alles war ganz weit weg. Wie ein Film, der vor mir ablief. Surreal. Ohne Bezug zur bekannten Wirklichkeit. Kam in die Notaufnahme und fragte nach Julia. Ein trauriger Blick der Schwester und dann nahm mich ein Arzt zur Seite.
    
    „... Schwere der Verletzungen. Alle Wiederbelebungsversuche..."
    
    Fetzen, die an mein Ohr, aber nicht wirklich in mein Bewusstsein drangen. Endete in diesem Moment alles so, wie es begonnen hatte. Mit einem momentanen Einfrieren der Zeit. Der Reduktion auf einen Punkt. Absolutem Stillstand. Dann nur noch dem dumpfen Pochen meines Herzens.
    
    Nein. Das ging nicht. Nein. Das durfte nicht sein. Das konnte nicht sein, was ich gehört hatte. Sie war tot. Noch auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Meine Julia. Mein Hauptgewinn. Tot. Für immer von mir gegangen. Setzte mich mechanisch auf einen Stuhl.
    
    Leer. Nur schrecklich leer. Selbst wie tot. Unfähig zu denken. Unfähig zu fühlen. Erst als Sammy kam, sich neben mich setzte und zu weinen anfing, brachen auch bei mir alle Dämme. Weinte, klagte, schrie ich mein Leid hinaus in die Welt. Brach zusammen. Völlig zusammen.
    
    ***
    
    Alles wurde bedeutungslos. Der Hergang unbegreiflich. Der Autofahrer war weder betrunken noch abgelenkt gewesen. Hatte die acht Fahrerinnen an der Kreuzung herannahen sehen und falsch reagiert. Ihre Geschwindigkeit unterschätzt. Nicht gebremst. War mitten in den Pulk hineingebrettert, als er ihnen die ...
    ... Vorfahrt nahm.
    
    Hatte neben Julia eine weitere Fahrerin schwer und zwei andere leicht verletzt. Julia und mich um ihr und unser Leben gebracht. Das der zweiten Fahrerin zerstört. Sie war nach dem Unfall querschnittsgelähmt.
    
    Es hatte nicht viel gefehlt, und es hätte eine weitere Tote gegeben. Ich hatte noch nie zuvor, nicht einmal in dunkelsten Tagen, die ich zuvor erleben musste, ernsthaft an Selbstmord gedacht. Wochen nach dem Unfall, nach der Beerdigung, als ich in meiner riesengroßen Traumwohnung, die unsere hatte werden sollen, alleine und verloren dasaß, dachte ich daran. Immer wieder. Nur noch daran.
    
    Überlegte mir, wie es tun sollte. Dann aber griff jemand ein. Es war eine meiner Kolleginnen, die mitbekommen hatte, wie schlecht es mir wirklich ging. Obwohl ich mir alle Mühe gegeben hatte, es nicht zu zeigen, Theater zu spielen. Mich an die Hand nahm und in psychologische Betreuung brachte, bevor ich wirklich meine Pläne in die Tat umsetzte. Mich damit ins Leben zurückführte.
    
    Von der Idee weg, dass ich hätte bei ihr sein müssen, mit in dem Pulk. Mit ihr hätte sterben sollen. Zurück zu der Einsicht, die ich ihr einmal zu vermitteln versucht hatte. Dass unsere Zeit zusammen ein Geschenk gewesen war. Für das ich dankbar war. Aufhörte, mich der Trauer zu ergeben, dass es nicht größer ausgefallen war. Begann ich, ins Leben zurückzufinden.
    
    In ein anderes Leben. Fast wieder wie zuvor, bevor ich Julia kennengelernt hatte. Nur Arbeit, immer mehr Arbeit. Sonst nichts. ...