1. Der Schmied


    Datum: 24.10.2018, Kategorien: Sonstige,

    ... musste. Das war ich den Toten schuldig. Ich nahm die Schaufel und grub den restlichen Tag und die ganze Nacht, bis ich nicht mehr konnte. Dann zog ich die toten Körper zu dem großen Loch und legte einen nach dem anderen hinein. Leider war das Loch nicht groß genug, aber ich konnte einfach kein größeres mehr graben. Also legte ich meine Brüder und Mathes übereinander. Vater, Mutter und Veit lagen dicht aneinander. Die Erde, die ich so mühsam ausgeschaufelt hatte, kam jetzt zurück, und als die Sonne aufging, dieses Mal ohne Wolken, war es das Gesicht von Veit, was als Letztes von der Erde bedeckt wurde.
    
    Wäre doch wenigstens er noch da gewesen.
    
    Zum Schluss fand ich noch zwei Hölzer, die ich mit einem ebenfalls gefundenen Stück Schnur zusammenband. Das daraus gefertigte Kreuz zeigte an, dass hier jemand begraben war.
    
    Minutenlang stand ich mit gesenktem Kopf da und wollte keinen weiteren Schritt machen. Am liebsten wäre ich auf ewig hier stehen geblieben, aber das war nicht möglich. Also nahm ich die Schaufel, warf sie in einen Busch und lenkte meine Schritte Richtung Osten.
    
    Als ich Vaters Versteck aushob, kam eine kleine Kiste zum Vorscheinen die recht schwer war. Der Deckel ließ sich einfach öffnen, denn er war nicht verschlossen. Darin waren mehr Münzen, als ich jemals in meinem Leben gesehen hatte. Ich rechnete alles zusammen, konnte aber mit der Zahl nichts anfangen, da ich nicht wusste, welchen Preis etwas hatte. Das hatte mir Veit nicht erzählt. Trotzdem ...
    ... wusste ich instinktiv, dass es sehr viel Geld sein musste. Ich nahm aber nur einige, wenige verschiedene Münzen heraus und vergrub den Rest wieder. Ich wollte nicht so viel Geld bei mir haben. Es würde nur Begehrlichkeiten wecken und mein Leben gefährden. Also vergrub ich den Rest wieder. Ich konnte ja später zurückkommen und den Rest holen.
    
    Vater hatte mir gesagt, dass ich weit weggehen sollte. Aber wohin? Außer dem Hof und die Felder kannte ich nichts, hatte noch nicht einmal das Dorf gesehen, wohin Vater ab und zu fuhr und selbst das, wusste ich nicht, wo es lag. Auf dem Weg wollte ich auch nicht laufen, da ich befürchtete, dass die Soldaten noch nicht weit genug weg waren. Ich wollte nicht noch einmal auf sie treffen.
    
    Ich hatte einmal davon gehört, dass es im Süden wärmer sein sollte. Hinter einer breiten Bergkette sollte ein Land liegen, wo es den Menschen besser ging als hier.
    
    Da ich es nicht anders wusste und es gerade Mittag war, setzte ich meine Füße in die Richtung der Sonne in Bewegung und schon nach ein paar Hundert Schritten, war ich auf unbekanntem Boden.
    
    Als ich mich auf einer Lichtung noch einmal umdrehte, sah ich nur noch ein wenig weißen Rauch über die Wipfel der Bäume steigen. Dann verließ ich endgültig meine Heimat, meine Jugend und mein altes Leben.
    
    Kapitel 2
    
    Der Köhler
    
    Wälder, soweit das Auge auch reichte nur unterbrochen durch Sümpfe, die man zumindest in der Nacht umgehen musste. Doch selbst am Tag war es besser, einen Bogen darum zu ...
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