1. Lisa, Fluch oder Segen


    Datum: 28.05.2019, Kategorien: 1 auf 1,

    ... verwirrte.
    
    In mir machte sich eine Faszination breit, die ich zuvor nicht für möglich gehalten habe. Lisa wurde immer mehr zu etwas anderem, als das, was ich zuvor in ihr gesehen hatte. Die Tochter meines Freundes trat in den Hintergrund. Verschwamm langsam am Horizont, allerdings konnte ich noch nicht erkennen, was stattdessen diese Lücke auffüllen würde. Genau das war es, was mich unsicher machte. Ich, ein Mensch, der es gradlinig mochte, dessen morgiger Tag möglichst genauso war, wie der jetzige. Ich musste mich darauf einstellen, dass alles Vorige über den Haufen geworfen wurde.
    
    Lisa blieb die ganze Zeit über ruhig. Sie hatte ihre Augen geschlossen und ihr Atem kam ruhig und regelmäßig. Ob sie schlief, wusste ich nicht, es hörte sich nicht danach an.
    
    Vielleicht wollte sie es mir leichter machen, zu verschwinden. Daher stand ich nach einigen Minuten auf, sammelte meine Klamotten ein und schlich mich leise aus dem Raum. Was ich nicht sah was das leichte Lächeln, was ihre Lippen verzog. Sie seufzte auf und drehte sich um, wühlte einen Arm unter der Decke hervor und spreizte ihren Daumen ab. Dieser verschwand in ihrem Mund und sie nuckelte einen Moment darauf herum, bis sie einschlief.
    
    Kapitel 8
    
    Erst gegen frühen Nachmittag, als der Duft vom Mittagessen durch das Haus kroch, kam Lisa aus ihrem Zimmer. Sie sah noch schläfrig aus, setzte sich wortlos an den Tisch und ich deckte auf. Es gab einen einfachen Auflauf, doch gerade weil er einfach war, schmeckte er ...
    ... besonders gut. Fleisch war wenig darin, er bestand hauptsächlich aus Gemüse, den ich auf dem naheliegenden Markt erstanden hatte. Wir löffelten ihn in uns hinein und tankten damit Kraft für den restlichen Tag.
    
    "Was machen wir heute Nachmittag?" kam von Lisa so plötzlich, dass ich erschrak.
    
    "Ich habe keine Zeit, ich muss mich um einiges kümmern, was für dich viel zu langweilig wird. Aber warum gehst du nicht in die Stadt und kaufst ein? Wolltest du nicht die restlichen Bücher kaufen, die zum ersten Teil gehören?"
    
    "Keine schlechte Idee. Schade, dass du nicht mitkommen kannst. Aber damit werde ich wohl leben müssen. Hast du gehört, wie das Wetter wird?"
    
    Ein kurzes Gespräch ohne wirklichen Tiefgang entwickelte sich, aber nicht lange. Ich gab Lisa das Geld für die Bücher und ein paar Minuten später war ich alleine.
    
    Ich genoss das alleine sein. Ich mochte normalerweise nicht, wenn sich Menschen längere Zeit bei mir aufhielten. Irgendwann gingen sie mir auf die Nerven. Bei Lisa war das anders. Sie störte mich nicht so sehr wie andere. Allerdings konnte ich auch gut ohne sie auskommen.
    
    Einen Moment blieb ich noch am Tisch sitzen und dachte darüber nach, was ich als Erstes machen wollte. Es gab genug zu tun. Zu viel war liegen geblieben.
    
    Da kam mir ein ganz anderer Gedanke. Ich hasste es zwar, andere Leute auszuspionieren, aber in diesem Fall hielt ich es für legitim. Ich ging in das Gästezimmer und suchte vorsichtig nach dem Buch. Schubladen wurden geöffnet, unter ...
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