1. Der Jubilar


    Datum: 22.06.2025, Kategorien: Nicht festgelegt,

    ... zusammen mit einer so jungen Begleitung gesehen werden. Er würde sich wie ein alternder Gigolo vorkommen und sich in Grund und Boden schämen. Nein, seine Fähigkeiten mussten ausreichen, um ein edles Abendessen in dazu passender Umgebung zuzubereiten.
    
    Den ganzen Tag über war Friedhelm beschäftigt gewesen und hatte keine Zeit für Angst oder Gefühle der Einsamkeit gehabt. Als er schließlich frisch geduscht und in einen guten Anzug mit Krawatte gekleidet einen letzten Blick über sein Reich schweifen ließ, war er zufrieden. „Unser Hochzeitstag," sagte er in den Raum zu Ariane, „ich vermisse dich!" Dann wischte er sich einmal durch die Augen und ging in die Küche, um nach dem Essen zu sehen und den Champagner aus dem Kühlschrank zu holen, den er gleich zur Begrüßung reichen würde.
    
    Christina war genau so, wie Friedhelm es sich erhofft hatte. Sie hatte ein elegantes, fast knielanges, bordeauxrotes Kleid angezogen, das ihre Figur betonte, die Beine in schlichten Nylons und Pumps. Festlich aber nicht zu sexy, fand er. Jedenfalls hatten ihre Bilder im Internet nichts vorgegaukelt, was sie nicht durch ihre reale Erscheinung auch abdeckte. Doch, da gab es etwas, was ihn unerwartet traf: Der Duft, der sie begleitete, als sie Friedhelms Reich betrat, blumig und frisch aber in gar keiner Weise aufdringlich oder süßlich. Friedhelm kannte sich mit Blumen nicht aus, aber er hatte sofort Bilder von Frühling und frischem Grün im Kopf. Höflich erwiderte Christina seinen etwas steifen ...
    ... Händedruck zur Begrüßung. So wie er dort stand, wäre nicht nur wegen seiner Größe ein Küsschen auf die Wange absolut unangemessen gewesen. Im Gegensatz zu Friedhelm, war sie trotz seiner Angaben in der mail nicht wirklich auf seine Erscheinung vorbereitet gewesen. Die übertraf bei Weitem, was sie sich vorher ausgemalt hatte. Ja, ihr Kunde war ein alter Mann, aber dabei wirkte er so kraftvoll und aufrecht, mitten im Leben stehend, mit wachen Augen und charmantem Lächeln, dass sie ihn vermutlich mindestens 10 Jahre jünger geschätzt hätte, wenn nicht noch mehr.
    
    Es passierte Christina nicht oft bei ihren Aufträgen, dass sie einen Mann so attraktiv fand, dass sie sich selber zu ihm hingezogen fühlte. Wenn es gut lief, waren ihre Kunden freundlich und aufmerksam und sie konnte sich in ihrer Gegenwart entspannen, sich ihnen auch ohne inneren Widerstand hingeben, ja, sie hatte auch immer mal wieder wirklich Spaß dabei. Aber Friedhelm Gerber zog sie vom ersten Moment an in seinen Bann. Wahrscheinlich lag es an dem gesamten äußerst ungewöhnlichen setting, mit dem sie konfrontiert war, versuchte sie sich ihre verwirrenden Gefühle zu erklären. Wann passierte es schon, dass sie zu einem so alten Mann kam, von ihm selbst in seinem eigenen Haus bekocht wurde und von vorneherein keinerlei sexuelle Absichten im Raum standen. Sie hatte sich innerlich auf einen eher eintönigen Abend bei einem großväterlichen Typen eingestellt, dem sie mit freundlicher Zuwendung für ein paar Stunden die Einsamkeit ...
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