1. Erinnerungen - Teil 05


    Datum: 16.06.2019, Kategorien: Erotische Verbindungen,

    Gedankenspiele
    
    Meinen Tagebuchnotizen zufolge war es an einem Abend Anfang November, als Sandra erschöpft und leicht gereizt aus dem Verlag nach Hause kam. Sie brachte kurz ihre Unterlagen in ihr Arbeitszimmer und setzte sich dann zu uns ins Esszimmer, wo Laura und ich schon das Abendessen aufgetragen hatten. Nachdem sie einen großen Schluck Rotwein und zwei Gabeln Zucchini-Gratin zu sich genommen hatte, lehnte sie sich mit einem wohligen Seufzer zurück und sagte:
    
    "Jetzt geht's mir wieder besser. Im Verlag hatte die Geschäftsleitung kurzfristig eine Mitarbeiterversammlung einberufen, weshalb ich erst jetzt da bin. Es wird nämlich eine Veränderung geben."
    
    Neugierig schauten Laura und ich sie an. Sandra aß drei, vier Bissen, trank einen weiteren Schluck Wein und fuhr dann fort:
    
    "Die Verlagsleitung hat nämlich entschieden, dass das Belletristik-Programm um einen neuen Bereich erweitert wird, und zwar will man ab dem kommenden Jahr im Herbst/Winterprogramm mit einer Erotik-Sparte an den Markt gehen. Es wird zunächst ein paar Sammelbände mit Kurzgeschichten geben, um zu sehen, wie groß die tatsächliche Nachfrage nach dieser Art von Literatur ist, um dann im folgenden Frühjahrsprogramm Romane anzubieten."
    
    "Ey, Mama, das ist ja krass. Gut geschriebene, geil machende Bücher. Kann ich dann Rezensionsexemplare bekommen?" , unterbrach Laura sie mit Begeisterung.
    
    "Mal sehen", antwortete Sandra lächelnd und fuhr dann fort, "leider ist das nur der positive Teil der ...
    ... Geschichte. Denn zugleich hat die Verlagsleitung entschieden, dass man unbekannten Hobbyautoren eine Chance geben will, bei einem renommierten Verlag ihre Geschichten zu veröffentlichen. Deshalb haben heute unsere SMM ..."
    
    Fragend schauten wir Sandra an.
    
    "Ach, entschuldigt. Verlagssprech. SMM, das sind unsere Social-Media-Mädels, also Bea, Kathrin, Zoe und Sabine, die unsere Auftritte bei Facebook, Instagram, Twitter und was es sonst noch so gibt, betreuen. Also, die SMM haben auf den einschlägigen Portalen einen Aufruf veröffentlicht, mit der Bitte, uns bis zum Jahresende eine Kurzgeschichte im Umfang zwischen zehn und zwanzig Normseiten einzureichen."
    
    "Und wo ist jetzt das Problem?", fragte ich verwundert.
    
    "Schatz, kannst du dir nicht denken, was solch ein Aufruf von uns im Internet bedeutet", erwiderte Sandra, erstaunt über meine Unkenntnis.
    
    "Es bedeutet, dass jeder, der "Fick mich, fick mich, fick mich" halbwegs fehlerfrei schreiben kann, sich nun berufen fühlt, uns seine literarischen Ergüsse zuzusenden. Und was das Schlimmste an dieser ganzen Geschichte ist: Ich darf die Erstsichtung der eingereichten Manuskripte vornehmen", fügte sie resigniert hinzu.
    
    Dass meine Frau mit ihrer pessimistischen Prognose recht hatte, sollte ich ein paar Tage später erfahren. Ich war gerade im Begriff, das Haus zu verlassen, um ins Büro zu fahren, als es klingelte. Vor der Tür stand ein Mitarbeiter aus der Poststelle des Verlages. Er hielt einen Plastikkorb, bis zum Rande ...
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