1. Teufelskreis 02: Der Pakt


    Datum: 03.07.2019, Kategorien: BDSM

    "Hey, blood brother, you're one of our own
    
    You're sharp as a razor and you're hard as a stone
    
    Hey, blood brother, you're bad to the bone
    
    You're a natural killer in a bad place alone."
    
    -Alice Cooper
    
    Wasser prasselte mir ins Gesicht. Um mich herum bestand die Welt aus Dampf. Ich duschte seit zehn, fünfzehn Minuten -- meine Fingerspitzen waren aufgeweicht und meine Haut gerötet. Ich stand nur da, blickte zum Duschkopf auf, und ließ mich treiben. Schweben. Auflösen.
    
    Ich war von Neros Anwesen direkt nach Hause gefahren und hatte doch das Gefühl, dass mir alles hinterher starrte: die anderen Leute im Bus, er hinter der Glasfront seines Hauses, das auf seinem Schlosshügel noch kilometerweit zu sehen war, sogar der zwischen Wolkenfetzen hängende, eisig bleiche Mond.
    
    Mein Freund Thomas hatte Abendessen gekocht und erwartete mich lächelnd vor der Küche, aber ich küsste ihn nur schnell auf die Wange und sagte, ich habe richtig feste Tageschmerzen. Dann verschwand ich im Badezimmer. Ein großer Verlust war es nicht: Thomas war ein enthusiastischer, aber hoffnungsloser Koch. Wenn er sich an Curry versuchte, schmeckte es wie Gemüsebrühe, und wenn das Ziel Gemüsebrühe war, versalzte er sie so sehr, dass man danach literweise Wasser saufen musste.
    
    Was war mit mir geschehen? Was hatte ich getan -- was sollte ich tun?
    
    Klar: Ich wusste, was mit mir geschehen war. Da machte ich mir keine Illusionen. Nero war ein Arschloch, ein Perversling, ein steinreicher ...
    ... Superstar, der meinte, sich alles erlauben zu können. Er hatte seine Machtposition ausgenutzt—
    
    Aber ich hätte mich doch auch einfach umdrehen und gehen können?
    
    Ich hatte ein Kunstwerk angefasst, das mir nicht gehörte.
    
    Ich hatte mich vor ihm ausgezogen und alles gemacht, was er mir sagte.
    
    Ich sollte zur Polizei gehen -- aber was würde geschehen, wenn er ebenfalls zur Polizei ging? Wenn ich jedes Detail erzählen musste, grinsende Beamte mir dabei zuhörten, wie ich ihm eines geblasen und alles geschluckt hatte?
    
    Und am Ende, was würde dabei herauskommen? Eine Geldstrafe wegen Nötigung für ihn, die er ohne mit der Wimper zu zucken bezahlen konnte, und eine Geldstrafe für mich wegen Sachbeschädigung, die mein ganzes Leben ruinieren würde ...
    
    Arschloch, Arschloch, Arschloch!
    
    Ich zitterte. Ich wollte die Zeit zurückdrehen. Ich kochte vor Wut. Ich wollte ihn verletzen, nicht einfach nur vor Gericht ziehen, sondern ihm seinen verdammten Geigenbogen durch das Auge ins Hirn stoßen.
    
    Aber da war noch mehr. Etwas, das ich nicht genau benennen konnte, das mich verwirrte, für das ich mich vielleicht sogar schämte. Es gab eine dritte Möglichkeit. Ich war in sein Haus gekommen, um ein Interview mit ihm zu führen, ein Interview für eine zweitklassige Studentenzeitung. Aber Nero hatte recht: Ich träumte von Größerem. Ich hatte Ambitionen, Träume, ich wollte Dinge schreiben, die die Leute nicht nur aus Langeweile in den hinteren Reihen von Vorlesungen überflogen. Ich war in einem ...
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