1. Großmutters Ring 2


    Datum: 03.07.2019, Kategorien: Insel der Scham,

    Nach einer schlaflosen Nacht, schleppte ich mich müde ins Klassenzimmer. Jenni blickte neugierig auf meine Hand, als ich mich neben meine Freundin und Banknachbarin setzte.
    
    „Du willst das Ding doch nicht wirklich behalten?“
    
    „Wieso nicht? Ich finde ihn hübsch.“
    
    „Sieht etwas rustikal aus.“
    
    Sie streckte ihren Arm aus, um ihn noch einmal genauer zu betrachten und ich zog erschrocken meine Hand zurück.
    
    „Keine Angst, ich nehme ihn dir bestimmt nicht weg.“
    
    Herr Zimt, unser Klassenlehrer, betrat das Zimmer und bewahrte mich vor weiteren Unannehmlichkeiten.
    
    Auch wenn ich den Gedanken bereits gehegt hatte, den Ring an ihm zu testen, hatte ich nicht vor, dies vor der gesamten Klasse auszuprobieren. Schließlich wusste ich noch nicht, wie es sich verhielt, wenn noch andere Personen anwesend waren.
    
    So verlief der folgende Unterricht, wie jeder andere. Der Höhepunkt, war ein unangekündigtes Diktat in Deutsch. Meiner Meinung nach, war es recht gut für mich gelaufen, doch als der Gong die Pause einläutete und alle Schüler aufgeregt aus dem Klassenzimmer stürmten, rief mich Herr Zimt ganz unerwartet zurück.
    
    „Mia, bleibst du noch kurz?“
    
    Seine Stimme verhieß nichts Gutes und ich wartete nervös vor seinem Schreibtisch, bis alle anderen weg waren. Herr Zimt hielt mein Diktat in der Hand und legte es offen auf das Pult.
    
    „Was soll das denn bitte?“
    
    Ich sah verwirrt auf meinen handgeschriebenen Zettel.
    
    „Was?“, sagte ich kleinlaut.
    
    „Wieso gibst du so ein ...
    ... Blatt ab? So kenne ich dich gar nicht. Ist alles in Ordnung, bei dir Zuhause?“
    
    Ich konnte nicht folgen, auf was er hinaus wollte.
    
    „Mia. Ich weiß, dass deine Oma vor kurzem gestorben ist und mir ist Bewusst, welche Rolle sie in deinem Leben gespielt hat. Darum will ich ein Auge zudrücken und dir die Chance geben deine Note zu halten. Nimm diese Hieroglyphen bitte wieder mit und liefere mir bis Morgen einen Aufsatz über das Thema ab. Ich hoffe, dass es eine einmalige Sache bleibt, ansonsten muss ich deine Eltern in die Sprechstunde bitten. Bis morgen.“
    
    Er drückte mir das Blatt in die Hand und ich streckte meine Hand danach aus.
    
    „Was hast du denn da für einen hübschen Ring?“, fragte er erstaunt.
    
    „Ein Erbstück. Nichts besonderes.“
    
    „Sieht aber wertvoll aus. Von deiner Großmutter?“
    
    „Ja.“
    
    Während ich selbst auf den Ring starrte und an Oma dachte, berührte Herr Zimt den Stein in seiner Fassung.
    
    Augenblicklich wurde das Zimmer durch sein Strahlen erhellt. Wieder dröhnte das Surren in meinen Ohren und erschrocken stellte ich fest, dass ich mich in einem dunklen Raum wiederfand. Was hatte ich nur getan? Herr Zimt hatte tatsächlich den Ring berührt!
    
    „Mia?“
    
    „Herr Zimt?“
    
    „Ist alles in Ordnung? Was ist geschehen?“
    
    Hastig überlegte ich, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Meinem Lehrer gegenüber, hielt ich es für vernünftig, die Wahrheit zu sagen.
    
    „Das macht der Ring. Sie hätten ihn nicht berühren sollen! Jeder, der ihn anfasst, wird …“
    
    Ich kam ...
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