Das Leben danach
Datum: 31.10.2018,
Kategorien:
Schwule
... Fachkompetenz erworben hatte. Am Ende des Gesprächs sagte er zögernd „Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht mehr, aber wir sind uns schon einmal begegnet."
Ich wusste erst nicht was er meinte und er erklärte „Als ich im Krankenhaus gearbeitet habe, waren Sie einmal mein Patient..."
„Bitte entschuldigen Sie, das ist bald zehn Jahre her und ich kann mich leider nicht an Sie erinnern" erwiderte ich.
„Nun, vielleicht täusche ich mich auch und verwechsle Sie mit einem anderen Patienten." meinte der Arzt.
Ich stöhnte auf als ich begriff, was er meinte. Es war nicht der Krankenhausaufenthalt wegen meiner akuten Blinddarmentzündung, die eine Operation notwendig gemacht hatte, gemeint. Ich hatte ihn tatsächlich nicht wiedererkannt. Das war jetzt 10 Monate her.
„Ich wusste nicht, ob ich das sagen sollte, da es für Sie zweifellos eine sehr unangenehme Erinnerung ist" sagte Dr. Jenkins entschuldigend „Da Sie mich nicht erkannt zu haben schienen, habe ich gedacht, ich sage es lieber jetzt. Nicht dass Sie irgendwann später aus allen Wolken fallen, wenn Sie sich erinnern."
Ich war wie erstarrt. Ich weiß nicht wieviel Zeit vergangen war ob Bruchteile von Sekunden, Sekunden oder Minuten. Schließlich hörte ich meine Stimme aus der Ferne sagen „Vielen Dank, Dr. Jenkins. Gewiß wird unsere Zusammenarbeit fruchtbar und erbaulich sein."
„Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und werde es sicher nicht enttäuschen." erwiderte der Arzt und erhob sich um sich zu verabschieden und ...
... an seinen neuen Arbeitsplatz zu gehen.
Die Zusammenarbeit mit Dr. Jenkins war tatsächlich angenehm und ich fühlte mich wohl in seiner Gegenwart. Ich war mir immer bewusst, dass er über mich Bescheid wusste, aber es machte mich nicht verlegen wie ich zunächst befürchtet hatte. Im Gegenteil, ich war unbefangen und hatte das Gefühl freier zu sein als sonst.
II.) In letzter Zeit spürte ich eine Anspannung, wenn ich mit Dr. Jenkins zusammen in einem Raum war. Er war wie immer freundlich zu mir. Aber es hatte sich etwas verändert zwischen uns. Es war ein Gefühl in mir, das ich noch nie zuvor erlebt hatte. Es war in meinem Bauch, in meinem Unterleib. Und es war ein mächtiges Gefühl. Es war eine große Anziehungskraft, die von ihm ausging. Ich hatte zwar Freundinnen gehabt, aber nie dieses Gefühl empfunden, das ich jetzt empfand. Für einen Mann. Für Dr. Jenkins.
„Francis?"
„Ja?"
„Ist etwas vorgefallen? Sie wirken abwesend und etwas bedrückt."
„Oh, tut mir leid, John. Ich war in Gedanken" antwortete ich und hörte selbst wie „dünn" diese Erklärung war.
Wir arbeiteten schweigend weiter. Irgandwann unterbrach ich meine Tätigkeit und stand einfach untätig am Medikamentenschrank.
John Jenkins sah mich aufmersam und fragend an.
„Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll ..." fing ich an zu sprechen. „Was macht ein Mensch, der sich zu einem anderen Menschen hingezogen fühlt..."
Aufmunternd nickte mir John zu und ich sprach weiter ...aber nicht weiß, ob der andere ...