1. Ius Primae Noctis


    Datum: 22.08.2019, Kategorien: Nicht festgelegt,

    ... ließ.
    
    Lambert wies seinen Kutscher an, genau auf die Anhöhe zuzuhalten. Er würde keinen einzigen unnötigen Schritt zurücklegen.
    
    Irgendwann stoppte das Gefährt erneut, die Pferde wieherten und einer seiner Ritter öffnete ihm die Türe.
    
    Der Fürst zog den Kopf ein, stieg in das Gras hinab und lächelte selbstbewusst.
    
    Es galt als Affront, bis mehr oder weniger in die Mitte einer feiernden Gesellschaft zu fahren und alle Gäste dem Geruch und dem von den Gäulen angelockten Ungeziefer auszusetzen.
    
    Doch keiner hier wagte auch nur ein Wort zu sagen!
    
    Es waren bestimmt mehr als drei Dutzend Männer und Frauen. Sie hockten an Tischen unter alten Kastanienbäumen, standen plaudernd in kleinen Gruppen herum oder tanzten zur Musik. Bis vor wenigen Minuten hatten sie noch getrunken, gelacht, sich den Wein und das Schwein gut schmecken lassen, dessen Fleisch über glühenden Kohlen brutzelte. Doch mit der Ankunft des Fürsten zu Hirsau war die Stimmung so schnell verflogen, als ob das Leichentuch der Pest sich wieder über das Land gelegt hätte.
    
    Jeder hier kannte den Grund des hohen Besuches! Der Vollzug des Schenkelrechts war seit Jahrhunderten gang und gebe. Doch es sorgte immer noch für ebensolche Aufregung, wie jene Wochen im Herbst, in denen seine Steuereintreiber durch das Land zogen.
    
    Einzelne Gesichter starrten auf Lambert und die Handvoll dunkel gekleideter Ritter. Ängstliche Blicke waren ebenso zu sehen wie sorgenvolle Mienen, Stirnrunzeln und zum Tuscheln ...
    ... zusammengesteckte Köpfe. Manche wandten sich ab, suchten nicht einsehbare Plätze hinter den dicken Stämmen der Kastanien auf, und Mütter riefen nach ihren Kindern.
    
    Selbst die mutigsten Männer zogen ihre Köpfe zwischen die Schultern, blickten starr zu Boden und standen mit in den Hosensäcken vergrabenen Händen herum. Man wagte es nicht einmal, auf ihn zuzugehen und ihn zu begrüßen!
    
    „Dämliches, ungezogenes Pack!" murmelte Lambert wütend. „Gebt mir nur den kleinsten Grund und ihr werdet mich kennenlernen!"
    
    Dann aber setzte er ein freundliches Lächeln auf.
    
    „Ich bin nicht hier, um eure Feier zu unterbrechen!" rief er laut. „Tut doch so als ob ich gar nicht anwesend wäre!"
    
    Die Schalmeien begannen wieder zu spielen, doch die besorgten Mienen blieben zum größten Teil.
    
    Ein klein gewachsener, älterer Mann erhob sich schließlich von einem Tisch und kam auf Lambert zu. Er krümmte schon beim Gehen Schultern und Rücken und kniete schließlich unterwürfig nieder.
    
    „Mein Fürst!" murmelte er und hielt den Kopf gesenkt.
    
    „Bist du hier der Gastgeber?"
    
    „Ja, Hans Richters, der Vater der Braut! Es ist mir eine große Freude, euch an unserer bescheidenen Tafel willkommen zu heißen!"
    
    Lambert lachte lauthals auf.
    
    „Du lügst in zweierlei Hinsicht! Wie es aussieht, ist deine Tafel gar nicht so bescheiden! Und dann hast du bestimmt einhundert Vaterunser dafür gebetet, dass ich heute nicht erscheinen möge. Bleib in Zukunft besser bei der Wahrheit, du Bauerntölpel!"
    
    „Ja mein ...
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