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Und dieses weiße, grobmaschige Wollkleid war so scharf
Datum: 21.10.2019, Kategorien: 1 auf 1,
... Königsplatz wäre ich fast gestorben, obwohl gar niemand ein- oder ausstieg. Aber dann! Als die U-Bahn wieder anfuhr und ihr Arsch das kleine Zelt unter sich begrub. Sie lag geradezu auf mir drauf. Als der Zug um 8.05 vom Josephsplatz anfuhr, geschah es endlich. Jeder weiß, was ich meine. Wir waren noch mal mit voller Wucht zusammengeprallt und dann stand das Hirn still, das Herz stand still, und für eine Sekunde glaubte ich zu sterben. Dann fing das Herz wieder an zu schlagen, geriet aber gleich ins Stolpern und jetzt diese wunderbare Implosion im Kopf, das plötzliche Vakuum, während das ganze Blut in Strömen nach unten läuft. Das weiße Kleid sieht plötzlich grün-gelb aus und das monotone Rauschen der Unterhaltungen um uns rum wird zu einem hellen Gesang. Ich spürte das Warme in der Unterhose. Reflexhaft noch ein letztes Zustoßen. Das wars dann also jetzt. Nur zwei Minuten nach dem Josephsplatz kommt der Hohenzollernplatz. Sie stieg aus. Ich hatte endlich eine Chance, ihr Gesicht zu sehen. Eine kräftige Nase wie Steffi Graf. Dazu ein charaktervolles Kinn. Ihre Lippen konnte ich kaum sehen, weil sie hastig der Rolltreppe entgegeneilte. Schon blitzte nur noch ihr weißes Kleid zwischen Anzügen und Studentenkluft hervor. Sie hatte nicht einmal umgedreht. Vom Scheidtplatz aus ging ich zu Fuß weiter zur Arbeit. Es würde zwar eine Dreiviertelstunde dauern, aber schließlich musste ja meine Hose noch trocknen. Ich habe seitdem immer wieder darauf geachtet, aber ich habe sie nie mehr getroffen. Sie wird doch nicht etwa so geschockt gewesen sein, dass sie sich danach ein Auto gekauft hat. Flecken habe ich glaube ich nicht auf das Kleid gemacht. Aber vielleicht musste sie ja nur an diesem einen Tag diese Strecke fahren. Extra für uns.