Die Göttin der Elfen
Datum: 06.11.2019,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie,
... sicher: Es war ihre, Ysildiras, fruchtbare Weihe. In ihr gehörte die Weihehöhle ihr allein. Tag für Tag würde sie sie aufsuchen, bis sie eine Frucht in ihrem Leib trug. Hoffentlich würde bis dahin viel Zeit verstreichen...
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Zehn Nächte später
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Sicheren Schrittes betrat Ysildira die Höhle. Die animalische Wildheit der Männer hatte nichts von ihrem Reiz verloren - auch wenn sie spürte, dass ihr Körper sich bald für eine Saat entscheiden würde. Noch eine, höchstens zwei Nächte, dann wäre ihre Weihe vorbei. Sie wusste, dass die Al'Ayca - die Behüterinnen der Siedlung - bereits über ihre lange Weihe sprachen. Das scherte sie nicht; die Behüterinnen hatten zu allem eine Meinung, ob man sie fragte oder nicht. Ysildira fragte nie.
Sie hatte nur ein Leinentuch umgeworfen. Die ersten Tage hatte sie noch mit Melodien, Nadeln und Faden ihr kostbares Weihekleid wiederhergestellt, doch nach der fünften Nacht verzichtete sie darauf. Auch das hatte die Kommentare der Behüterinnen hervorgerufen. Sie hatte ihnen wortlos die mit Saat verklebten Fetzen der letzten Nacht vor die Füße geworfen. Danach waren die Kommentare verstummt.
Sie hatte viel über die Höhle und die darin lebenden Männer nachgedacht. Im Warinsala, dem Gedächtnisbaum, hatte sie sich an alles dazu erinnert, was ihrer Sippe verblieben war.
Tatsächlich gab es, solange die Sippe sich erinnerte, nur diese eine Weihehöhle. Zu ihr kamen Elfinnen aus aller Welt, um ...
... sich befruchten zu lassen. Die ältesten Erinnerungen reichten 5.000 Jahre zurück; nie hatten die Männer seitdem die Höhle verlassen. Und doch gab es Lieder und Gedichte, die anderes andeuteten: Ein Gedicht mit dem Titel "Der Elfenkönig". Ein Liedstrophe über eine vergessene Göttin und ihr Geschenk der Magie. Ein Gedicht, von dem nur zwei Worte verblieben waren, die aber ein gewaltiges Echo vergangener Schmerzen trugen: "Die Veränderung". Einen Vers über einen Elf, dessen blasse Haut warm von der Sonne war.
Diese Gedanken schwirrten als unvollständige Melodien durch ihren Kopf, während der Staub der Höhle sich an ihre vom Gras feuchten Füße setzte.
Der Höhleneingang war ihr inzwischen ebenso vertraut wie die Leiber der zwölf Männer, die in ihr ihrer harrten. Auch dabei musste sie an ein Gedicht denken: "Die hundert steinernen Männer der Höhle". Hundert? Wo waren die restlichen? Oder was war mit ihnen geschehen?
Inzwischen konnte sie die Männer unterscheiden, wenn sie im Dunkel auf sie traf. Die Art ihrer Berührungen; das Muster des Aderngeflechts auf dem Schaft; der herbe Geruch ihrer Körper. Dieser hatte sie zusammen mit der Sauberkeit ihrer Leiber zu einer Erkenntnis geführt: trotz ihrer Wildheit mussten sie eine Wasserquelle kennen und sich täglich an ihr waschen, denn Schweiß und Saat einer Nacht waren in der folgenden verschwunden.
Einer der Männer nahm in ihrem Gedächtnis einen eigenen Platz ein. Sein Leib war kräftig wie der der anderen, doch von besonderer ...