1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... gewesen war.
    
    Zur Feier des Tages ging ich in die Küche, holte zwei Gläser, einen besonders guten, tiefroten Tropfen aus Frankreich und stieg so bewaffnet durch den Spiegel.
    
    Sie rannte sofort auf mich zu, umarmte mich fest und schnürte mir fast die Luft ab. Da ich Gläser und Wein noch immer festhielt, konnte ich sie nicht umarmen, brauchte ich auch nicht, denn sie tat es doppelt fest. Sofort spürte ich ihre Wärme durch den dünnen Stoff, der sich auf mich übertrug.
    
    Eine ganze Weile standen wir im Raum und ich genoss die Nähe zu Klara. Doch wir konnten nicht ewig so bleiben. Ich hob den Arm mit den Gläsern und ließ sie leicht zusammenschlagen. Diesen hellen, freundlichen Ton hörte Klara natürlich und sah in die Richtung.
    
    "Oh, was für schöne Gläser, vollkommen klar und durchsichtig. Wir haben nur buntes Glas!"
    
    Sie ließ mich endlich los und sah auf die Flasche, die ich festhielt. Dabei wollte sie das Etikett lesen, aber das hatte ich zuvor abgemacht. Außerdem hätte es in Spiegelschrift sein müssen, sonst hätte sie es nicht lesen können.
    
    "Wein aus Frankreich!", meinte ich und Klara sah mir erneut in die Augen.
    
    "Ah ha, aus Frankreich. Ward ihr schon einmal dort?"
    
    Um ehrlich zu sein, war ich dort wirklich schon gewesen. Allerdings zu meiner Zeit. Jetzt stand dort sicher kein Eiffelturm aber wahrscheinlich schon Notre-Dame. Aber mit Sicherheit konnte ich das nicht sagen.
    
    "Ja, ich war schon dort!", meinte ich und Klara fragte noch ein weiteres Mal.
    
    "Und ...
    ... wie war es dort? Man sagt, Paris sei so schön. Eine große Stadt, in der das Leben pulsiert. Ich würde es zu gerne einmal sehen!"
    
    "Hmmm, wie es dort ist? Um ehrlich zu sein, sind mir dort zu viel Franzosen, aber sonst nicht schlecht!"
    
    Klara wusste nicht genau, was sie von dieser Antwort halten sollte, aber sie entschied sich dazu, dass es lustig war und lachte erneut. Ihre helle Stimme schallte durch den Raum und ich konnte es kaum verhindern, dass ich ebenfalls lachen musste. Aber nur kurz, denn auf einmal rannte Klara zur Tür und schloss sie ab. Das hätten wir fast vergessen und wahrscheinlich hätte sich nicht jeder an die Anweisung von Klaras Vater gehalten. Von ihm glaubte ich schon, dass er es ernst meinte, dass seine Tochter nicht gestört werden sollte, aber das Haus hatte sicher noch mehr große Ohren und eine unstillbare Neugierde. Die wollten wir dort lassen, so sie waren.
    
    Klara führte nahm mich bei der Hand und zog mich mit zu ihrem Bett. Dort schlüpfte sie wieder unter ihre Decke und sah mir zu, wie ich den zuvor schon gezogenen Korken entfernte, den ich nur ganz leicht zurück in den Hals gedrückt hatte. Ein wunderbarer Bordeaux lief in die beiden Gläser und füllte sie mit seinem tiefroten Farbton. Gedankenvoll nahm ich die beiden Gläser, reichte eines Klara und hielt mir meines unter die Nase. Ihn leicht schwenkend roch ich an ihm und verdrehte ein wenig die Augen. Ein wirklich guter Jahrgang, vollmundig im Geschmack und schwer auf der Zunge. Ich liebte ...
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