1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... solche Weine, wenn ich in einer entsprechenden Stimmung war. Sonst doch lieber was Weißes, Leichtes mit etwas mehr Säure. Doch für diesen Anlass war es genau das Richtige.
    
    Ein leiser, heller Klang klirrte durch den Raum, als mein Glas gegen das von Klara schlug.
    
    Wir sahen uns tief in die Augen, als wir die Gläser an unsere Lippen führten, den Geruch noch einmal aufnahmen und den ersten Schluck probierten.
    
    Wie flüssig gewordene Rubine gelange es in den Mundraum, verteilte hier sein Aroma um später mit einem feinen, nicht zu starken Nachgeschmack die Kehle herunter zu fließen.
    
    Ein Genuss der Extraklasse. Während der erste Schluck seinen Weg in meinen Magen fand, sah ich Klara an und verfolgte, ob sie ihn auch mochte. Ich wusste ja nicht, ob sie überhaupt schon einmal Wein getrunken hatte und wenn ja, welche sie bevorzugte. Doch da brauchte ich mir keine Sorgen machen. Sie nahm den ersten Schluck und verdrehte ihre Augen. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er nicht der schlechteste Tropfen sein konnte. Leider verdrehte sie die Augen, weil er ihr viel zu herb war. Ich hatte es falsch gedeutet.
    
    "Seid mir nicht böse, aber er ist nicht nach meinem Geschmack. Viel zu sauer. Mit etwas Honig darin würde er besser schmecken!"
    
    Erst jetzt kam mir in den Sinn, dass man vor Jahrhunderten eher süße Sachen trank. Ich hätte daran denken sollen. Aber das machte nichts. Ich stelle mein Glas weg, ging noch einmal zurück und entdeckte in einem der hintersten Winkel meines ...
    ... Weinregals eine Flasche, die ich niemals aufgemacht hatte. Ein gut gemeintes Geschenk, allerdings wusste ich, was darin war. Reinstes Zuckerwasser mit rotem Farbstoff. Nur gut, dass ich ihn aufgehoben hatte.
    
    Sofort ging ich zurück und freute mich wenig später darüber, dass ich etwas für Klara gefunden hatte. Dieser war eher nach ihrem Geschmack und je mehr sie davon trank, umso besser mundete er ihr. Dabei musste ich aufpassen, denn wie es aussah, war Klara keinen Alkohol gewohnt, konnte damit nicht umgehen. Es stieg ihr sehr schnell in den Kopf.
    
    Kaum hatte sie ihre zweites Glas geleert, wurden ihre Worte immer leichter, oder besser gesagt, wirr. Noch lallte sie nicht, aber man konnte merken, dass sie in ihrem Sprachgebrauch leichter wurde. War sie zuvor immer etwas steif gewesen, lockerte sich das jetzt. Manchmal war sie richtig albern, lachte mehr, kicherte fast laufend vor sich hin. Besonders wenn ich Bemerkungen machte, die sie nicht gleich verstand. Mein Sprachgebrauch war dafür zu modern.
    
    Nach dem zweiten Glas machte ich sie darauf aufmerksam, dass sie genug hätte, aber als ich ihr die Flasche wegnehmen wollte, schnappte sie sich diese und hielt sie so weit zur anderen Seite des Bettes, dass ich nicht mehr herankam. Mit funkelnden Augen saß sie da und war bereit, das köstliche Nass zu verteidigen.
    
    Sollte es wohl so sein. Mein Kopf würde es am nächsten Tag nicht sein, von daher sollte sie ihren Willen haben. Ich grinste in mich hinein und malte mir das Bild aus, wie ...
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