1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... Ich sehe gerade, der Strauß, den ich für dich gepflückt habe, ist ja gar nicht mehr da?"
    
    "Nein, tut mir Leid!", sagte Klara und machte ein unschuldiges Gesicht dazu. Ich bin leider gegen ihn gekommen und da ist die Vase umgekippt. Ich habe mich so erschrocken, dass ich einen Schritt gemacht habe. Dabei bin ich leider auf den Strauß getreten und er war nicht mehr zu retten. Entschuldigt mich bitte!"
    
    Klara log mich an, ohne dabei rot zu werden. Dass sie nicht ganz ohne war, war mir schon lange bekannt, aber das sie selbst bei einer solch unwichtigen Sache das Blaue vom Himmel herunter flunkerte, konnte ich nicht verstehen. Sie hätte mir doch sagen können, dass sie ihn nicht gemocht hatte. Ein schaler Geschmack machte sich bei mir breit. Was war erst, wenn es um die wichtigen Dinge des Lebens ging. Würde es dann auch so sein. Ich wusste es nicht. Nur die Sorge darum blieb im Hintergrund haften.
    
    "Ist schon gut. Kann ja passieren. Hauptsache dir ist nichts passiert!", meinte ich zu ihr, und wenn sie mich in diesem Moment gesehen hätte, wäre ihr aufgefallen, dass mein Gesicht Enttäuschung ausdrückte.
    
    "Was ich euch noch fragen wollte, Christoph. Würdet ihr mir die Freude machen, heute Abend mit mir zu speisen? Vater und Mutter sind nicht da und ich möchte euch ein wenig verwöhnen.
    
    Die Aussicht auf etwas Leckeres wischte die Enttäuschung aus meinem Gesicht. Natürlich wollte ich, denn ich war gespannt darauf, was es geben würde und wie es zubereitet war.
    
    "Könntet ...
    ... ihr dazu noch etwas Wein mitbringen. Am liebsten jenen, den ich so gemocht habe. Ich glaube, er würde mir wieder schmecken. Zumindest möchte ich es ausprobieren!"
    
    Ich sagte zu und freute mich schon darauf, denn es hörte sich einfach nur gut an.
    
    Am Abend zog ich mir die Sachen an, die Klara für mich gekauft hatte und stieg mit zwei Weinfalschen, zur verabredeten Zeit, durch den Spiegel. Einmal sah ich mich um, hatte gehofft, dass Klara mich abholen würde, aber sie war nicht da. Also ging ich davon aus, dass sie irgendwo im Haus war. Ich öffnete die Tür und lauschte nach verräterischen Geräuschen.
    
    Nur ein ganz leises Singen oder Summen kam mir an die Ohren und ich war mir nicht sicher, aus welcher Richtung es kam. Also verließ ich mich auf meinen Instinkt und ging einfach geradeaus, bis ich zu der Tür des Spiegelraumes kam. Hier öffnete ich die Tür und lauschte ein weiteres Mal.
    
    Das Geräusch war lauter geworden, konnte nicht mehr weit sein. Es war tatsächlich eine weibliche Stimme, die ein Lied vor sich hinsummte. Da ich davon ausging, dass es Klara war, ging ich quer durch den Spiegelraum und stand wenige später vor einer anderen Tür, die davon abging. Ich wusste nicht, was sich dahinter befand, konnte aber die Stimme so deutlich hören, dass sie dahinter sein musste.
    
    Ich klopfte einmal, denn ich wollte nicht unhöflich sein. Als keine Antwort kam, sondern nur das Summen verstummte, legte ich meine Hand auf die Klinke und drückte sie herunter.
    
    Die Tür schwang auf ...
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