Spieglein, Spieglein ...
Datum: 30.01.2020,
Kategorien:
Sonstige,
... er mit mir die Treppe hoch und nach draußen. Sofort setzte er sich hinter das Lenkrad seines Lieferwagens startete den Motor und nach einem freundlichen Nicken in meine Richtung, brauste er davon.
Als er an der nächsten Kreuzung abbog und aus meinem Gesichtsfeld verschwand, fiel mir auf einmal ein, dass ich nicht bezahlt hatte. Die Verabschiedung war so schnell gegangen, dass ich es vergessen hatte. So schien es dem alten Mann ebenfalls ergangen zu sein, denn auch er hatte nicht mehr daran gedacht. Aber ich war mir sicher, dass er bald noch einmal auftauchen würde, um das Geld zu holen.
Er kam die nächsten zehn Minuten nicht, auch nach zwei Stunden nicht. Selbst zwei Tage später war er nicht zurückgekommen und ich legte das Geld in die Schublade einer kleinen Kommode, die im Flur stand. Es würde hier auf ihn warten.
Da ich noch viel zu tun hatte, konnte ich mich nicht sofort um mein neues Stück kümmern. Außerdem musste ich Blattgold besorgen, denn normalerweise arbeitete ich nicht damit. Überhaupt hatte ich wenig Erfahrung damit und hoffte, nicht alles zu verhunzen. Bevor ich mich mit dem Möbel beschäftigte, ließ ich mich erst von jemandem in der Sache beraten, der etwas davon verstand. Dabei war es einfacher als ich es mir vorgestellt hatte.
Erst am nächsten Wochenende fand ich die Ruhe, die ich für die Restaurierung benötigte.
Im Keller angekommen knipste ich das Licht an und stand erst einen Moment vor dem Monster von Spiegel. Nachdenklich sah ich ihn mir an ...
... und überlegte im Voraus, wie viel Zeit ich veranschlagen müsste. Doch ich kam zu keinem Ergebnis, ich konnte nicht abschätzen, wie lange die Vergoldung dauern würde.
Also entschloss ich erst nachzusehen, wie sehr die Spiegelfläche selber beschädigt war. Sie war noch genauso verstaubt wie zuvor. Bis auf ein paar Fingerabdrücke, die sich beim Transport darauf verewigt hatten.
Glasreiniger wurde auf die verstaubte Fläche gesprüht und vorsichtig mit einem weichen Lappen wieder entfernt.
Die Schicht war hartnäckig und dick, aber mit etwas Zeit und Sorgfalt ließ sie sich doch entfernen. Als ich endlich damit fertig war, konnte ich mir gut vorstellen, warum der alte Mann es nicht gemacht hatte. Immerhin hatte ich gute zwei Stunden damit verbracht. Dafür war das Ergebnis umso erfreulicher.
Zu meinem Erstaunen war die Glasfläche noch gut erhalten. Nur ein paar kleine Kratzer und Absplitterungen an den Rändern waren zu erkennen. So gesehen musste die Spiegelfläche nicht ersetzt werden und würde mir einiges an Geld ersparen. Zumal ein neuer Spiegel nicht ausgesehen hätte, wie dieser hier. Er war nicht nur alt, sondern sah auch so aus. Anders als heutige Spiegel.
Jetzt kam der schwierigere Teil. Im Vergolden hatte ich wenig Erfahrung und daher probierte ich es erst an einer Ecke, um zu sehen, ob es funktionierte. Hierzu schloss ich das Kellerfenster und die Tür so gut es ging, damit kein Lufthauch durch den Raum zog, und machte ein altes Radio an, was im Keller stand. Bei ...