1. Spieglein, Spieglein ...


    Datum: 30.01.2020, Kategorien: Sonstige,

    ... Oberteil wieder zurechtrückte. Sofort verschwand der interessante Aufblick auf ihre Rundungen. Alles war so schnell und überraschend über die Bühne gegangen, dass ich keine Zeit mehr dafür hatte, darauf zu reagieren.
    
    Als sie den Schlüssel schnappte und aus dem Zimmer ging, war es zu spät dazu. Ich schüttelte nur einmal mit dem Kopf, dann setzte ich mich mit enger Hose wieder auf meinen Stuhl, um auf Klara zu warten.
    
    Sie kam erst sehr spät zurück, war mehr als müde und ging nach einer kurzen Begrüßung ins Bett. Sie sagte nur noch, dass sie wieder früh aufstehe, müsste und den Tag über weg sein würde. Dabei hoffte sie, dass sie bald wieder mehr Zeit für mich hätte. Ich hoffte es auch und ging ebenfalls ins Bett.
    
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, sah ich sofort zum Spiegel und musste feststellen, dass Klara bereits weg war. Da ich davon ausging, dass sie viele Stunden nicht da sein würde, machte ich mit meinen Experimenten weiter. Durch das Glas zu greifen war eine Sache, den Kopf hindurch zu stecken, eine ganz andere. Mein innerstes sträubte sich vor diesem Schritt, hieß es doch, dass mein Ich in die andere Welt transportiert wurde. Doch ohne einen Versuch würde ich niemals erfahren, wie das war. Der Spiegelverkäufer war auch schon durch den Spiegel gegangen und das mehrfach. Also konnte es nicht so schlimm sein. Ich holte tief Luft, als wenn ich tauchen wollte, machte die Augen zu und schob meinen Kopf vor.
    
    Als meine Nase das Glas berührte, wusste ich, dass es ...
    ... soweit war. Ganz leicht flutschte mein Kopf hindurch und ich spürte wo gut wie gar nichts davon. Nur ein warmes Gefühl an der Stelle, wo sich gerade das Glas befand. Als ich dieses an meinem Hals fühlte, öffnete ich meine Augen und ließ den Atem heraus. Tief sog ich die andere Luft ein und war über den Duft überrascht, der mir in die Nase stieg. Zuvor noch der Geruch meines Schlafzimmers in der Nase, sog ich jetzt den typischen Duft eines Frauenzimmers ein. So kannte ich es jedenfalls. Leicht süßlich, eine Mischung verschiedener Duftwässerchen, die sich in dem Raum, den Tapeten und Vorhängen verfangen hatten.
    
    Mehrmals zog ich die Luft tief durch meine Nase, konnte mir jetzt gut vorstellen, wie Klara roch. Betörend.
    
    Da ich jetzt schon so weit war, konnte ich auch gleich den Rest überwinden. Meine Aufregung war so groß, dass meine Beine leicht zitterten, als ich sie hob und mitsamt meinem restlichen Körper durch die Scheibe schob. Nur wenige Sekunden später stand ich vollkommen in Klaras Zimmer und sah an mir herunter. Alles war noch so, wie es sein sollte. Es hatte sich nichts verändert. Um nicht entdeckt zu werden, schlich ich zur Tür, fand den Schlüssel und schloss ab. Jetzt fühlte ich mich sicherer. Wenn jetzt jemand kam, musste er schon die Tür aufbrechen, um mich zu entdecken. Das gab mir genug Zeit wieder zurückzukommen. Hoffte ich zumindest. Deswegen wandte ich mich wieder dem Gegenstück von meinem Spiegel zu. Er sah genauso aus wie meiner, nur die Teufelsfratze ...
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